Von Ralf Keuper
Die Ambitionen der chinesischen wie überhaupt der asiatischen Internetkonzerne im Banking werden auf diesem Blog bereits seit 2013 beobachtet, wie in
- New Banking mit Alibaba
- Alibaba, Baidu und Tencent: Ernstzunehmende Herausforderer der Banken aus dem Reich der Mitte
- Ant Financials, oder: Der unersättliche Appetit der Ameisen
- New Banking mit Daum Kakao, Baidu, Xiaomi und JD.com
- SoftBank übernimmt Mehrheit an Line – ein weiteres globales Ökosystem im Banking entsteht
- Ferner Donner: Tencent steigt offiziell ins Bankgeschäft ein
Alibaba ist mit Alipay bereits in Europa vertreten, wobei u.a. die Dienste von Wirecard in Anspruch genommen werden (Vgl. dazu: Ant Financial und Alipay dehnen ihren Aktionsradius systematisch aus). Alibaba-Konkurrent Tencent ist mit WeChat ebenfalls im Bereich Mobile Payments aktiv. Seit einiger Zeit wird darüber spekuliert, ob und wann WeChat in Deutschland aufschlägt. Auch hier leistet Wirecard Unterstützung (Vgl. dazu: Jetzt auch noch WeChat Pay: Wirecard bringt Alipay-Konkurrenten nach Europa). Bislang noch nicht auf dem Radar erschienen ist Baidu, das chinesische Pendant zu Google. Vor einigen Monaten gründete Baidu zusammen mit der China Citi Bank die AIBank (Vgl. dazu: China Citic, Baidu launch direct bank in fintech push). Daneben befindet sich die Baidu Financial Services Group im vollständigen Besitz des Unternehmens. Dort eifert man Alipay und WeChat nach (Vgl. dazu: Baidu seeks to raise $2bn for finance unit). Es ist daher wohl nur eine Frage der Zeit, bis Baidu in Europa im großen Stil tätig wird.
In ihrer aktuellen Ausgabe Wie China zum größten Geschäftsrisiko der deutschen Wirtschaft wird problematisiert die Wirtschaftswoche den Hunger chinesischer Unternehmen und Investoren nach Übernahmekandidaten in Europa, insbesondere in Deutschland. Bislang konzentrierten sich die Aktivitäten auf die Industrie und den Mittelstand – wie bei Kuka und Putzmeister (Vgl. dazu: Ausverkauf der Hidden Champions? Wie und warum chinesische Investoren deutsche Weltmarktführer übernehmen). Im Dezember vergangenen Jahres sprach Hendrik Ankenbrand in der FAZ vom Albtraum China. Mittlerweile haben chinesische Investoren bei Daimler (Geely) und der Deutschen Bank (HNA) für mehre Milliarden Dollar Anteile übernommen.
Die Wirtschaftswoche schreibt:
Heute sind große Teile der deutschen Wirtschaft abhängig von China. Daimler, BMW, Volkswagen verkauften 2017 dort 1,37 Millionen Fahrzeuge, so viele wie nirgendwo sonst .. . Viele mittelständische Energiekonzerne, Maschinenbauer und Müllunternehmer haben sich in eine Art Konkubinen-Wirtschaft zwingen lassen, in Joint Ventures mit wenig Mitspracherecht und viel Know-How-Transfer, um nur ja Zugang zum riesigen Markt zu bekommen – sie stehen nun vor den Trümmern ihrer Leichtgläubigkeit. Gleichzeitig haben die Chinesen längst angefangen, ihrerseits Unternehmen zu kaufen – und investieren in Europa wie nirgends sonst in der entwickelten Welt.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Tencent sich an der aktuellen Finanzierungsrunde von N26 beteiligt hat. Einige Kommentatoren freuen sich schon darauf, auch hierzulande bald mit WeChat bezahlen zu können (Vgl. dazu: Hoffentlich kann man dann mit Wechat zahlen). Die Vorfreude wird indes nicht von allen geteilt:
Ja WeChat ist an sich sehr gut. Fast sein Funktionen sind klasse, vor allem die einfachen Zahlungen. Ich mag aber meine Privatsphäre mehr.
In der Tat: Tencent ist ebenso wie Alibaba maßgeblich an der Entwicklung und Implementierung des Social Scoring – Systems der chinesischen Regierung beteiligt (Vgl. dazu: Chinas Überwachungsapp drängt in die Welt). Das WeChat-Profil soll in China demnächst den Personalausweis ersetzen (Vgl. dazu: Wechat-Profil statt Personalausweis). Die amerikanische Regierung untersagte vor wenigen Monaten, die Übernahme von Moneygram durch Alibaba – als Grund nannte die Regierung den Datenschutz (Vgl. dazu: Datenschutz: Alibaba-Chef darf Moneygram nicht übernehmen). Erst kürzlich verbot das australische Verteidigungsministerium seinen Mitarbeitern die Nutzung von WeChat (Vgl. dazu: “WeChat” nun für australische Beamte verboten).
Insofern sind wir gut beraten, die weitere Entwicklung nüchtern und frei von Wunschvorstellungen zu beobachten – das gilt nicht für das Banking.