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Unter den Genossenschaftsbanken in Deutschland nimmt die Brawo Group mit dem Hauptsitz Wolfsburg wohl eine Sonderstellung ein. Als Unternehmensgruppe der Volksbank BRAWO( Volksbank Braunschweig-Wolfsburg)verfügt sie über rund 380 Gesellschaften mit insgesamt 2.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihre Geschäfte, wie im Bereich Immobilien, betreibt sie bundesweit. Das Geschäftsmodell der Gruppe ruht auf fünf Säulen: Finance, Green Energy, Real Estate, Corporate Investments und CSR.
Im klassischen Bankgeschäft ist die Brawo Group im Firmenkundengeschäft, Private Banking, Privatkundengeschäft und Versicherungsgeschäft tätig. Hinzu kommen noch Projekt-Entwicklung, Regenerative Energie und Stiftungsmanagement. Für eine an sich regionale Bank ist das schon ein beachtlicher Aktionsradius, was vor allem bei den Immobilien ins Auge fällt.
Im Herbst und Winter 2020 erwarb die Bank mehrere kommerziell genutzte Großimmobilien in Salzgitter, Duisburg und Pinneberg. Die millionenschweren Kaufpreise wurden von den Geschäftspartnern eigentlich geheim gehalten, für den Ankauf des Duisburger Citypalais inklusive der Mercatorhalle aber von Dritten in der Tagespresse bekannt gemacht. Beim Kauf des City Carré Magdeburg im Dezember 2020 soll es sich um die bisher größte Investition der Volksbank Braunschweig Wolfsburg in ihrer Geschichte handeln.
Beim Bauvorhaben BraWoPark, einem der größten privatwirtschaftlichen Bauprojekte Braunschweigs, trat die Volksbank BraWo als Hauptinvestor auf. Das aus zwei Business-Centern und einem Shopping-Center bestehende Ensemble wurde Ende 2015 eingeweiht. Standort ist das ehemalige, 75.000 Quadratmeter große Gelände der Deutschen Post in der Nähe des Braunschweiger Hauptbahnhofs. Die Gesamtinvestitionssumme beläuft sich auf rund 130 Millionen Euro, von denen die Volksbank BraWo 110 Millionen Euro trägt.
Im BraWoPark wurden Büro- und Einzelhandelsflächen geschaffen. Unter anderem haben hier ein Fachmarktzentrum und der mit 6.500 Quadratmetern Verkaufsfläche größte Edeka-Markt Niedersachsens eröffnet. Ein InterCityHotel der Deutschen Hospitality wurde im November 2016 eröffnet. Anfang 2021 begannen im BraWoPark die Bauarbeiten für das „Business Center III“, das im Sommer 2023 fertiggestellt wurde.Das Investitionsvolumen des Objekts beläuft sich auf weitere 50 Mio. Euro. Die Stadt Braunschweig ist Hauptmieter des Gebäudes[1]Wikipedia.
Vor wenigen Wochen erwarb die BG Gastro Holding, eine Tochter der Brawo Group, fünf Restaurants im Raum Hannover[2]Tochter der Brawo kauft fünf Restaurants im Raum Hannover. Seit kurzem ist die Brawo Group Hauptsponsor des Zweitligisten Eintracht Braunschweig.
Im August vergangenen Jahres scheitert die Fusion der Volksbank BRAWO mit der Volksbank Magdeburg wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Strategie und die Ausrichtung eines gemeinsamen Instituts[3]Milliardenschwere Volksbanken-Fusion gescheitert.
Alles in allem handelt es sich bei der Brawo Group um einen kleinen Allfinanzkonzern.
Im Jahresbericht 2022 der Brawo Group heisst es:
Die BRAWO GROUP hat ihren Ursprung im klassischen Bankwesen. Mit unseren genossenschaftlichen Wurzeln war von Anfang an eine sehr zugewandte und verantwortungsvolle Haltung zu den Menschen unserer Region verbunden, deren Befindlichkeiten wir aus direkter Nachbarschaft genau kennen und deren Wohlergehen wir uns bis heute verpflichtet fühlen. Es war deshalb selbstverständlich, die Finanzdienst- leistungen einer Bank durch Hinzunahme von Versicherungen und Kapitalanlagen zu einem Gesamtpaket zu formen
Die in dem Zitat erwähnte Zwangsläufigkeit bzw. Selbstverständlichkeit der Entwicklung von einer klassischen Bank hin zu einem Allfinanzunternehmen existiert so nicht. Anderenfalls hätten sich alle Regionalbanken in Allfinanzkonzerne verwandelt oder stünden unmittelbar davor. Die Beispiele aus der Vergangenheit, wie der Versuch der Allianz mit der Dresdner Bank, die Übernahme der Bank für Gemeinwirtschaft durch die Aachen-Münchener-Versicherungen, mahnen da zu etwas mehr Demut. Bislang ist es nur sehr wenigen Banken gelungen, als Allfinanzkonzern zu reüssieren[4]Vgl. dazu: Chancen und Risiken des Allfinanzkonzepts am Beispiel der ING[5]Vgl. dazu: “Materielle Kosten entstehen für die betroffenen Konzernunternehmen dann, wenn durch die Konzernsteuerung die eigenen Geschäftsaktivitäten eingeschränkt werden und/oder zentrale … Continue reading[6]Vgl. dazu: Die wechselvolle Geschichte der Bank für Gemeinwirtschaft (BfG)[7]Vgl. dazu: Das schmerzliche Ende der Allfinanz[8]Gemischtwaren, Allfinanz, One-Bank – und übermorgen? Die Credit Suisse erfindet sich alle paar Jahre neu. Das kostet Jobs, Milliarden – und erwies sich auch schon als Fata Morgana.[9]Crown to Dust – Downfall of America’s Largest Bank | Citibank Documentary[10]„Das Allfinanz-Konzept kann als gescheitert gelten“[11]Die Citicorp-Travelers-Fusion ist der größte Test für das Allfinanz-Konzept / Doch sogar American Express scheiterte damit.
Außerdem stellt sich mit Blick auf die Probleme einiger Volksbanken, die mit wenig Erfolg außerhalb ihres angestammten Geschäfts agiert haben, die Frage, ob es für eine Regionalbank aus Braunschweig tatsächlich von Vorteil ist, ausgerechnet auf dem Duisburger Immobilienmarkt tätig zu werden. Und was eine Genossenschaftsbank in der Gastronomie zu suchen hat, ist zumindest gewöhungs- und erklärungsbedürftig.
References