Von Ralf Keuper
Ein Blog zählt naturgemäß zum Internet und unterliegt damit den Regeln dieses Mediums, auch den ungeschriebenen. Für Blogs, wie überhaupt für Social Media, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Leitfäden veröffentlicht, wie der Leitfaden Social Media von Bitkom.
Dabei handelt es sich um allgemeine Regeln, die in erster Linie auf Unternehmens-Blogs abzielen. Für privat betriebene Blogs erscheinen sie mir nur bedingt geeignet, weshalb ich für den Bankstil-Blog eigene definiert habe, was keinesfalls bedeutet, dass sie nur für diesen Blog gelten oder einzigartig sind.
Die Kommunikation über das Internet verläuft nicht ohne Reibung. Es ist nicht immer von Vorteil, sein Gegenüber während der Konversation nicht sehen zu können. Häufig können dadurch Missverständnisse schon im Vorfeld aus dem Weg geräumt werden, was mit einem Blog so nicht möglich ist. Um so nötiger ist es daher, Prinzipien zu formulieren, die Mißverständnissen vorbeugen, ohne sie natürlich ausschließen zu können. Die für diesen Blog geltenden sollen nachfolgend vorgestellt werden.
Zeitliche Perspektive
Ein Blog läuft allzu leicht Gefahr, sich von den Tagesereignissen fortreißen zu lassen und dabei die langfristige Entwicklung aus dem Blick zu verlieren. Nur die wenigsten Ereignisse überleben den nächsten Tag oder die folgende Woche. Hier eine Unterscheidung zu treffen, ist nicht immer leicht; sie gelingt auch nicht immer. Im Zweifelsfall verdient die historische Betrachtung den Vorzug. Übertragen auf diesen Blog folgt daraus, dass nicht jede neue Technologie besprochen und bewertet und auch nicht jedes FinTech-Startup zum neuen Game-Changer erklärt werden muss. Der Maßstab dafür ist letztlich die Evidenz.
Evidenz
In den letzten Jahren hat sich das evidenzbasierte Vorgehen in zahlreichen Disziplinen etabliert. Dazu haben diverse Veröffentlichungen beigetragen, wie etwa der des Evidence-Based Management von Pfeffer/Sutton. Ein weiteres Beispiel stammt aus dem Buch Heureka. Evidenzkriterien in den Wissenschaften. Ein Kompendium für den interdisziplinären Gebrauch
Je mehr Daten vorliegen, aus denen man Belege erzeugen kann, und je überzeugender die Kombinationen von Experimenten sind, die für eine Argumentation verwendet werden, desto unwahrscheinlicher werden weitere Interpretationen gemacht: Erst die Kombination und die Einschränkung der Interpretationsmöglichkeiten führen dann zu einer Evidenz mit hoher Überzeugungskraft.
Je evidenter ein Trend ist, um so mehr Überzeugungskraft hat er und um so weniger divergierende Interpretationsweisen sind möglich. Erst wenn ausreichend Belege für eine Position vorliegen, und zwar aus unterschiedlichen Quellen, ist es einen Beitrag wert. Abweichungen von dieser Regel sind dann möglich, wenn ein tagesaktuelles Ereignis – nach sorgfältiger Abwägung – so wichtig ist, dass eine umgehende Reaktion opportun ist.
Konkret – Abstrakt
Natürlich haben die meisten Leser es gerne, wenn Beiträge so konkret wie möglich verfasst sind und mit Beispielen aus der Praxis angereichert werden. Dabei besteht jedoch die Gefahr, sich in Details zu verlieren. Personen oder Unternehmen werden dann schnell mit einer Bedeutung – sowohl in positiver wie auch in negativer Hinsicht – aufgeladen, die ihnen nicht gerecht wird. Um dies zu verhindern bzw. abzumildern, ist die Abstraktion nötig, die von Personen und Organisationen weitestgehend absieht, da sie einen möglichst unverstellten Blick auf die Fakten ermöglicht. Es versteht sich von selbst, dass auch auf diesem Weg keine Objektivität im idealistischen Sinne erreicht werden kann. Kein Blog, kein Medium der Welt, kann für sich Vollständigkeit und auch keine absolute Konsistenz beanspruchen.
Unabhängigkeit
Jeder Blog sollte danach streben, in seinen Meinungen und Standpunkten so unabhängig wie möglich zu sein. So verführerisch es ist, seinen Neigungen und Vorlieben zu folgen, so unabdingbar ist es, die nötige Distanz zu Personen und Organisationen zu wahren, d.h. sich davor zu hüten, in Schwarz-Weiß-Kategorien zu schreiben. Hier die Guten, dort die Schlechten. Hier die Banken, dort die FinTech-Startups. Das bedeutet freilich nicht, dass man hin und wieder eindeutig Position bezieht, vielleicht auch überzieht. Sofern man immer wieder in die Balance zurückfindet, ist das m.E. verzeihlich, da allzu menschlich 😉
Keine Wiederaufbereitung von PR-Meldungen
Auf dem Bankstil-Blog werden keine PR-Meldungen wiederaufbereitet. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass PR-Meldungen nicht als Informationsquellen herangezogen werden. Aber nur in Maßen.
Kein Journalismus
Ein Blog wird häufig zum weiten Feld des Journalismus gerechnet. Der Bankstil-Blog versteht sich ausdrücklich nicht als Journalismus. Was dies angeht, gilt der Satz von André Gide: Ich nenne “Journalismus” alles, was morgen weniger interessant ist als heute.
Der Bankstil-Blog versteht sich als Micromedium
Auch wenn die Resonanz an manchen Tagen hoch ist, so ist der Bankstil-Blog, so wie fast jeder Blog, ein Nischenmedium, oder ein Micromedium, d.h. der Blog erreicht nur eine überschaubare Zahl von Lesern. Zudem kann ein Micromedium, wie ein Blog, keine Recherche wie Macromedien betreiben. Hierfür fehlen schlicht die Ressourcen. Zu den Macromedien zählen derzeit noch Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen. Es ist auch nicht die Absicht des Blogs, Kampagnen anzustossen. Das geht weit über die Möglichkeiten eines Fachblogs hinaus, was auch keinesfalls tragisch ist. Die Aufgabe, Themen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, zu platzieren und, wenn möglich, mit intensiver Recherche zu begleiten, ist und bleibt die Aufgabe von Macromedien. Blogs können hier nur als Korrektiv und Stichwortgeber fungieren. Künftig werden wir jedoch Macromedien benötigen, die auf gemeinnütziger Basis agieren.