Aus Anlass ihres 200jährigen Bestehens hat­te die Frank­fur­ter Spar­kas­se den His­to­ri­ker Ralf Roth, außer­plan­mä­ßi­ger Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te an der Uni­ver­si­tät Frank­furt, damit beauf­tragt, die Geschich­te des Geld­hau­ses für eine Fest­schrift auf­zu­ar­bei­ten. Mit dem Ergeb­nis waren die Frank­fur­ter Spar­kas­se und das Insti­tut für Bank- und Finanz­ge­schich­te (IBF) jedoch unzu­frie­den[1]Vgl. dazu: Streit um Geschich­te der Frank­fur­ter Spar­kas­se eska­liert. Der Zwist dreht sich um die Bewer­tung der Rol­le der Frank­fur­ter Spar­kas­se in der Zeit der NS-Dik­ta­tur von 1933–1945.

Beson­de­ren Anstoß nah­men die Auf­trag­ge­ber an der Kal­ku­la­ti­on der Anzahl der ent­eig­ne­ten jüdi­schen Mit­bür­ger und der Geld­sum­men. Dabei kam Roth – grob geschätzt – auf einen zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­trag in Reichs­mark. “Die Art sei­ner Kal­ku­la­ti­on und die Zah­len woll­te das IBF so aber nicht akzep­tie­ren”, so der hr[2]Wie ein His­to­ri­ker mit der Frank­fur­ter Spar­kas­se über ihre NS-Geschich­te strei­tet. Die Auf­trag­ge­ber bemän­gel­ten wei­ter­hin, dass der His­to­ri­ker die Fra­ge der Hand­lungs­frei­heit der Frank­fur­ter Spar­kas­se aus­ge­blen­det habe[3]In der Bro­schü­re “Zur Aus­ein­an­der­set­zung über die juden­feind­li­chen Akti­vi­tä­ten (Raub und Ent­eig­nung) der Frank­fur­ter Spar­kas­sen in der NS-Zeit” heißt es dazu: “Inter­es­sant sind hier auch die von … Con­ti­nue rea­ding. Roth ent­geg­net dar­auf: “Wer im Rah­men eines ver­bre­che­ri­schen Sys­tems mit­ent­schei­det, macht sich zum Mit­tä­ter”. Das IBF moniert über­dies erheb­li­che wis­sen­schaft­li­che Unzu­läng­lich­kei­ten ein­zel­ner Kapi­tel, ins­be­son­de­re des Kapi­tels zur NS-Zeit. Das Ver­trau­ens­ver­hält­nis sei zer­stört[4]“Die Behaup­tung der Frank­fur­ter Spar­kas­se, sie habe »kei­ner­lei Ein­fluss« auf eine geplan­te Fest­schrift zur Geschich­te des Hau­ses genom­men, ent­puppt sich offen­bar als falsch. Laut einer E‑Mail des … Con­ti­nue rea­ding[5]Vgl. dazu: Raub und Ent­eig­nung.

Der Asta der Uni­ver­si­tät Frank­furt und der Erzie­hungs­wis­sen­schaft­ler Ben­ja­min Ort­mey­er haben eine Bro­schü­re erstellt, in wel­cher die Kon­tro­ver­se doku­men­tiert wird. “Ort­mey­er for­dert Soli­da­ri­tät mit sei­nem Kol­le­gen, der “Repres­si­on” erfah­re: Es sei nicht sel­ten, dass Wis­sen­schaft­ler, wenn es um die Auf­ar­bei­tung von NS-Ver­bre­chen geht, “üblen Dif­fa­mie­run­gen aus­ge­setzt wer­den”. Der His­to­ri­ker sel­ber kämpft mit sei­nen Anwäl­ten um sei­nen Ruf und sein Honorar. 

Die Frank­fur­ter Spar­kas­se hat unter­des­sen das Fritz Bau­er Insti­tut mit der Auf­ar­bei­tung sei­ner NS-Geschich­te beauftragt.

Ande­re Spar­kas­sen, wie die Spar­kas­se Aurich-Nor­den, die Spar­kas­se Müns­ter­land-Ost und die Stadt­spar­kas­se Nürn­berg haben eben­falls ihre NS-Geschich­te auf­ar­bei­ten las­sen[6]Als ers­te Spar­kas­se Deutsch­lands beauf­trag­te die Spar­kas­se Aurich-Nor­den anläss­lich ihres 175jährigen Bestehens im Jahr 2015 einen His­to­ri­ker mit der Erfor­schung ihrer NS-Ver­gan­gen­heit. Die … Con­ti­nue rea­ding. Obwohl die Ergeb­nis­se wenig schmei­chel­haft aus­fie­len, haben die betref­fen­den Spar­kas­sen die Ver­öf­fent­li­chung unterstützt.

Refe­ren­ces

Refe­ren­ces
1 Vgl. dazu: Streit um Geschich­te der Frank­fur­ter Spar­kas­se eskaliert
2 Wie ein His­to­ri­ker mit der Frank­fur­ter Spar­kas­se über ihre NS-Geschich­te streitet
3 In der Bro­schü­re “Zur Aus­ein­an­der­set­zung über die juden­feind­li­chen Akti­vi­tä­ten (Raub und Ent­eig­nung) der Frank­fur­ter Spar­kas­sen in der NS-Zeit” heißt es dazu: “Inter­es­sant sind hier auch die von geschichts­re­vi­sio­nis­ti­schen His­to­ri­kern favo­ri­sier­ten Wech­sel von Per­so­nen zu Insti­tu­tio­nen. Es wird die Fra­ge auf­ge­wor­fen: Wel­chen Hand­lungs­spiel­raum hat­te denn die Spar­kas­sen­lei­tung? Und es folgt die sich her­me­neu­tisch geben­de Fra­ge, dass doch geprüft wer­den muss, ob das .. Unrecht über­haupt als Unrecht erkannt wor­den sei- was – unglaub­lich aber wahr – als unwahr­schein­lich ein­ge­schätzt wird”
4 “Die Behaup­tung der Frank­fur­ter Spar­kas­se, sie habe »kei­ner­lei Ein­fluss« auf eine geplan­te Fest­schrift zur Geschich­te des Hau­ses genom­men, ent­puppt sich offen­bar als falsch. Laut einer E‑Mail des damit beauf­trag­ten Insti­tuts für Bank- und Finanz­ge­schich­te (IBF) vom Novem­ber 2021 hat­te die Spar­kas­se »nach ein­ge­hen­der, den Vor­stand ein­be­zie­hen­der Lek­tü­re« »grund­sätz­li­che Beden­ken« am Manu­skript. Die Kor­rek­tur­wün­sche betra­fen dem­nach auch die Kapi­tel zur NS-Zeit”, in: Frank­fur­ter Spar­kas­se griff offen­bar in Publi­ka­ti­on zur NS-Geschich­te ein
5 Vgl. dazu: Raub und Enteignung
6 Als ers­te Spar­kas­se Deutsch­lands beauf­trag­te die Spar­kas­se Aurich-Nor­den anläss­lich ihres 175jährigen Bestehens im Jahr 2015 einen His­to­ri­ker mit der Erfor­schung ihrer NS-Ver­gan­gen­heit. Die Spar­kas­se, so sein Fazit, sei ein wil­li­ger Voll­stre­cker gewe­sen[5]. So wur­den bei­spiels­wei­se die Kon­ten jüdi­scher Mit­bür­ger ein­ge­fro­ren, um damit die Trans­fe­rie­rung des Ver­mö­gens in Aus­land zu ver­hin­dern. Durch Ent­eig­nung erbeu­te­tes Geld wur­de nach Ber­lin überwiesen. 

Die Spar­kas­se Müns­ter­land-Ost hat ihre Geschich­te wäh­rend der NS-Zeit in dem Buch „‘Wer spart, hilft Adolf Hit­ler‘ – Natio­nal­so­zia­lis­mus und Spar­kas­sen. Müns­ter und das öst­li­che Müns­ter­land auf­ar­bei­ten las­sen[6]. Einer der Ver­fas­ser, der His­to­ri­ker Tho­mas Köh­ler, hält resü­mie­rend fest: “Ohne die Geschäfts­po­li­tik auch der Spar­kas­sen wäre der Ver­nich­tungs­feld­zug Nazi-Deutsch­lands gegen Euro­pa so nicht finan­zier­bar und in sei­ner Radi­ka­li­tät umsetz­bar gewe­sen. Spar­ein­la­gen wur­den ver­deckt als wich­ti­ge Basis der Kriegs­fi­nan­zie­rung genutzt”.

Tief in die Machen­schaf­ten des NS-Sys­tems ver­strickt war auch die Stadt­spar­kas­se Nürn­berg[7]. Die von der Spar­kas­se Nürn­berg in Auf­trag gege­be­ne Stu­die mache deut­lich, dass die Sparkas­se ein gehor­sa­mer Hel­fer des NS-Regimes war, wie der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Spar­kas­se Nürn­berg, Mat­thi­as Ever­ding, bei der Vor­stel­lung kon­sta­tier­te. “Eine Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Wir­ken der Spar­kas­se in jener Zeit sei not­wen­dig, um für die heu­ti­ge Zeit dar­aus zu ler­nen und extre­me Ten­den­zen früh­zei­tig zu bekämp­fen” so Ever­ding wei­ter, in: Die Spar­kas­sen in der NS-Zeit