Der Schock in der Fintech-Szene und bei den einschlägigen Fintech-Medien ist groß: Ab 2026 ist der sog. Payment for Orderflow[1]Beim PFOF (Zahlung für den Auftragsfluss) leiten Brokerhäuser für Kleinanleger Aufträge ihrer Kunden meist an große Häuser (z.B. Hedgefonds) weiter. Diese können auf ihren außerbörslichen … Continue reading in der EU verboten[2]Capital markets union: Council and Parliament agree on proposal to strengthen market data transparency.
Mit der heute erzielten Einigung wird ein allgemeines Verbot der “Zahlung für den Auftragsfluss” (Payment for Order Flow – PFOF) verhängt, einer Praxis, bei der Makler Zahlungen für die Weiterleitung von Kundenaufträgen an bestimmte Handelsplattformen erhalten. Der heutige Kompromiss sieht auch die Möglichkeit vor, dass Mitgliedstaaten, in denen die PFOF-Praxis bereits besteht, die ihrer Rechtsprechung unterliegenden Wertpapierfirmen von dem Verbot ausnehmen können, sofern die PFOF nur für Kunden in diesem Mitgliedstaat erbracht wird. Diese Praxis muss jedoch bis zum 30. Juni 2026 schrittweise eingestellt werden.
Die EU-Kommission beäugt den PFOF schon länger kritisch. Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA bemängelte, dass die Gebührenmodelle der Neobroker längst nicht so günstig sind, wie es den Anschein habe. In Großbritannien, Kanada und Australien ist der Payment for Orderflow (PFOF) seit Jahren verboten[3]Fintech-Watch: Payment for Order Flow (Zahlung für den Auftragsfluss) #2.
Übrigens: Einer der bekanntesten Verfechter des PFOF war der verurteilte Finanzbetrüger Bernie Madoff.
In einem Interview aus dem Jahr 2000 beschrieb Madoff PFOF als eine Möglichkeit für Market Maker, die Suche nach Aufträgen auszulagern, und verglich es mit Einzelhandelsvereinbarungen, bei denen ein Anbieter für das Regal bezahlt, auf dem seine Produkte ausgestellt werden.
Niemand schreibt einer Firma vor, wie sie werben darf. Wenn ich Verkäufer einstellen will, um den Auftragsfluss zu fördern, wird niemand etwas dagegen haben. .. Wenn ich also die Verkäufer von Fidelity einsetzen und einen Teil meiner Handelsgewinne in Form eines Rabatts zahlen möchte, warum sollte ich das nicht tun dürfen? Es wurde als Bestechung, Schmiergeld und etwas Unheilvolles bezeichnet, was sehr leicht zu machen war. Aber wenn Ihre Freundin im Supermarkt Strümpfe kauft, werden die Regale, auf denen diese Strümpfe ausgestellt sind, in der Regel von dem Unternehmen bezahlt, das die Strümpfe hergestellt hat. Der Auftragsfluss ist ein Thema, das viel Aufmerksamkeit erregt hat, aber stark überschätzt wird.
Die Neobroker hätten in den nächsten drei Jahren Zeit, sich “kreative Gebührenmodelle auszudenken”, um sich an die neue Lage anzupassen – so lautet ein Ratschlag[4]EU verbietet „Payment for Orderflow“ – Erdbeben für Neobroker.
Was so viel heißen könnte wie: Der Wettlauf mit Regulierung beginnt von Neuem. Mit Innovation und echtem Kundennutzen, Verbraucherschutz gar, hat das für gewöhnlich nicht allzu viel zu tun[5]Innovationen sind nicht per se gut.
Wie ein altes Sprichwort sagt: Wenn Sie sich am Pokertisch umsehen und die “Taube” nicht erkennen können, sind Sie es wahrscheinlich selbst.
References
↑1 | Beim PFOF (Zahlung für den Auftragsfluss) leiten Brokerhäuser für Kleinanleger Aufträge ihrer Kunden meist an große Häuser (z.B. Hedgefonds) weiter. Diese können auf ihren außerbörslichen eigenen Handelsplattformen meist bessere Kurse bieten als bei einer Platzierung der Order direkt an der Börse. Als Belohnung erhalten sie von den großen Brokern Rabatte oder Zahlungen |
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↑2 | Capital markets union: Council and Parliament agree on proposal to strengthen market data transparency |
↑3 | Fintech-Watch: Payment for Order Flow (Zahlung für den Auftragsfluss) #2 |
↑4 | EU verbietet „Payment for Orderflow“ – Erdbeben für Neobroker |
↑5 | Innovationen sind nicht per se gut |