Von Ralf Keuper

Est­land ist auf dem Weg in Digi­tal­mo­der­ne schon weit vor­an gekom­men. Das Land bezeich­net sich auch ger­ne als Digi­tal Nati­on. Das e‑Re­si­den­cy-Pro­gramm gilt als vor­bild­lich. Für vie­le ist Est­land daher so etwas wie das Sili­con Val­ley Euro­pas. Selbst in Sin­ga­pur ver­folgt man die Ent­wick­lun­gen in dem bal­ti­schen Staat mit gro­ßer Auf­merk­sam­keit (Vgl. dazu: Esto­nia picks Sin­ga­po­re for e‑residency sche­me).

Von dem Drang, die Digi­ta­li­sie­rung in allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen zu voll­enden, ist auch das Ban­king betrof­fen. In den letz­ten Jah­ren sind meh­re­re Pro­jek­te und Ban­ken an den Start gegan­gen, die mit­tels der Block­chain das Ban­king erneu­ern wol­len, was auf die­sem Blog schon häu­fi­ger ein The­ma war, wie in:

Der Bei­trag A part­ner­ship of two glo­bal visi­ons berich­tet von einer wei­te­ren Bank aus Est­land, die mit Hil­fe der Block­chain das Ban­king auf eine neue Stu­fe heben will: Die Chan­ge Bank.

Dar­in heisst es:

With a shared visi­on of a bor­der­less world, Chan­ge and the Esto­ni­an Government’s e‑Residency have part­ne­red to build a mar­ket­place of glo­bal Fin­tech ser­vices. Focu­sing on cryp­to cur­ren­ci­es initi­al­ly allows them to leapfrog exis­ting pay­ments infra­struc­tures. They will also imple­ment a mul­ti-tie­red KYC (Know-Your-Cus­to­mer) sys­tem, mea­ning that to sim­ply crea­te a wal­let and recei­ve a pay­ment card, the cus­to­mer will need to pre­sent mini­mal per­so­nal information.

Zen­tra­les Ele­ment der Chan­ge Bank ist der Finan­cial Marketplace:

Through Change’s finan­cial mar­ket­place, cus­to­mers can access multi­tu­de of finan­cial ser­vices, such as invest­ments, insu­rance pro­ducts, loans etc. (Quel­le: Whitepaper)

Das hat Ähn­lich­keit mit der Idee des Fintech-Supermarktes.

Momen­tan wer­den drei Fin­tech-Start­ups an die Platt­form ange­bun­den: Smar­ty, Dana­bi­jak und BitOfProperty.

Die Chan­ge Bank beab­sich­tigt, eine eige­ne Digi­ta­le Wäh­rung, Chan­ge Coin, her­aus­zu­ge­ben, die nicht nur im gesam­ten Chan­ge-Öko­sys­tem, son­dern auch außer­halb gel­ten soll, wie aus dem White­pa­per hervorgeht:

We expect Chan­ge Coin to beco­me uni­ver­sal­ly accept­ed out­side of Change’s eco­sys­tem, as the com­mu­ni­ty grows and new FinTechs are integrated.

Für die eige­ne Finan­zie­rung hat die Chan­ge Bank ein ICO aufgelegt.

Die User Expe­ri­ence bei der Online-Iden­i­tif­zie­rung in Est­land lässt jedoch noch eini­ge Wün­sche offen, wie Ivo Mägi in Acqui­ring digi­tal iden­ti­ty in Esto­nia: lot of room for UX impro­ve­ments schreibt. Das betrifft vor allem die Mobi­le ID:

For some reason the adop­ti­on on Mobi­le-ID has been real­ly low. Esto­nia has around 1.3M peo­p­le and even more acti­ve SIM cards. Only around 100,000 of tho­se peo­p­le are Mobi­le-ID users. After what hap­pen­ed with me during the past weeks I am no lon­ger surprised.

Für Auf­se­hen sorg­te kürz­lich die Mel­dung, wonach die Hälf­te aller ID-Kar­ten in Est­land eine Sicher­heits­lü­cke haben.

Bei der von Sicher­heits­for­schern ent­deck­ten Lücke kön­ne der öffent­li­che Schlüs­sel der digi­ta­len Iden­ti­tät “theo­re­tisch” auch ohne die Kar­te und die PIN ermit­telt wer­den. Es sei aber eine rie­si­ge Rechen­ka­pa­zi­tät und ein spe­zi­el­les Pro­gramm not­wen­dig, um den dazu­ge­hö­ri­gen gehei­men Schlüs­sel zu errechnen.

Nicht betrof­fen sind alle vor dem 16. Okto­ber 2014 her­aus­ge­ge­be­nen und die auf SIM-Kar­ten basie­ren­den Mobile-IDs.

Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass wei­te­re Pro­jek­te – auch außer­halb von Est­land – dem Bei­spiel von Chan­ge fol­gen wer­den, d.h. zu ver­su­chen, ein eige­nes auf Block­chain-Tech­no­lo­gien in Kom­bi­na­ti­on mit Digi­ta­len Iden­ti­tä­ten basie­ren­des Öko­sys­tem auf­zu­bau­en. Die Fra­ge ist, auch ange­sichts der zuneh­men­den Kri­tik an Kryp­to­wäh­run­gen und ICOs, wie erfolg­ver­spre­chend die­ser Weg ist. Aktu­ell ent­ste­hen zahl­rei­che Block­chain-basier­te Öko­sys­te­me, die eine eige­ne Wäh­rung durch­setz­ten wol­len. Vie­le davon set­zen bei der Finan­zie­rung auf ICOs. Das Ange­bot über­steigt hier sehr schnell die Nachfrage.

Est­land bleibt bis auf wei­te­res inter­es­sant als Ver­suchs­la­bor für die digi­ta­le Gesell­schaft, aus deren Erfol­gen und Feh­lern sich ler­nen lässt.

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