Von Ralf Keuper
Im Jahr 1873 wurde das damalige Deutsche Kaiserreich von einem, wie man heute sagen würde, Börsencrash erschüttert. Vorausgegangen war dem Ereignis eine Gründungswelle aufstrebender Unternehmen, die sich über die Börse finanzierten. Begünstigt wurde der Gründungsboom einerseits durch die hohen Reparationszahlungen, die Frankreich als Folge der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg an das Deutsche Kaiserreich zu entrichten hatte, und andererseits durch ein Aktiengesetz, das die Kapitalbeschaffung neuer Unternehmen über die Börse wesentlich vereinfachte[1]1873 – die Gründerzeit endet mit einem heftigen Crash. Im Zeitraum zwischen 1871 und 1873 wurden allein in Preußen über 900 Aktiengesellschaften gegründet. Zur selben Zeit erblickten mehr als 100 “Maklerbanken” das Licht der Welt.
Eine davon war die Vereinsbank Quistorp & Co. . Das 1870 von Heinrich Quistorp gegründete Bankhaus brachte 30 Gesellschaften an die Börse, darunter Unternehmen aus dem Bau- und dem Transportsektor, aber auch ein Vorläuferunternehmen der späteren Schering AG. Mit seiner Westend-Gesellschaft Quistorp & Co finanzierte Quistrop große Immobilienprojekte in Berlin sowie in Breslau, Magdeburg, Stettin, Danzig und Frankfurt.
Als der Eisenbahnbau in den USA ins Stocken geriet und in New York die Bank Jay Cooke & Company, die vor allem in der Finanzierung von Eisenbahngesellschaften aktiv war, zusammenbrach, wurde auch der Börsenplatz Berlin in Mitleidenschaft gezogen. Dort wurden die Aktien von 26 US-Eisenbahngesellschaften gehandelt, was Berlin auch den Beinamen “Heißester Börsenhandelsplatz Kontinentaleuropas” eintrug. Zuvor wurde die Börse Wien von der Pleite der Franco-Ungarischen Bank erschüttert.
Auf einmal wussten die Inv…
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