Getting your Trinity Audio player ready...

Das Bie­le­fel­der Not­geld nimmt eine beson­de­re Stel­lung in der Geschich­te des Gel­des ein, vor allem wegen des ein­zig­ar­ti­gen Stoff­gel­des, das aus Mate­ria­li­en wie Lei­nen, Sei­de und sogar Samt gefer­tigt wur­de. Die­se Noten haben sich welt­weit unter Samm­lern einen Namen gemacht, nicht nur auf­grund ihrer Mate­ria­li­en, son­dern auch wegen der inter­es­san­ten zeit­ge­schicht­li­chen Moti­ve und Beschriftungen.

Die Stadt­spar­kas­se Bie­le­feld gab zahl­rei­che Not­geld­schei­ne aus Papier her­aus und ließ die­se teil­wei­se als Stoff­geld nach­dru­cken. Frau­en in Heim­ar­beit ver­zier­ten vie­le die­ser Stoff­schei­ne mit kunst­vol­len Bor­ten oder Spit­zen, um deren Attrak­ti­vi­tät zu erhö­hen. Die Stadt­spar­kas­se ver­folg­te dabei weni­ger das Ziel, die Zah­lungs­mit­tel­knapp­heit zu lin­dern, da genü­gend Papier­geld­schei­ne im Umlauf waren, son­dern viel­mehr das Geschäft mit Sammlern.

Paul Han­ke, der Direk­tor der Stadt­spar­kas­se, spiel­te eine ent­schei­den­de Rol­le bei der Her­aus­ga­be und Ver­mark­tung des Bie­le­fel­der Stoff­gelds. Er beein­fluss­te die Gestal­tung der Schei­ne und sorg­te dafür, dass eini­ge von ihnen bibli­sche Sprü­che tru­gen. Die Spar­kas­se zeig­te gro­ßes Geschäfts­ge­schick und ver­kauf­te die Stoff­schei­ne sogar bis nach Ame­ri­ka. Mit dem 700-jäh­ri­gen Stadt­ju­bi­lä­um Bie­le­felds im Jahr 1921 wur­de ein Fest­um­zug orga­ni­siert, bei dem die Stadt­spar­kas­se mit einem eige­nen Fest­wa­gen ver­tre­ten war. Han­ke nutz­te die­se Gele­gen­heit, um für das Spa­ren zu werben.

Die ers­ten Not­geld­schei­ne erschie­nen 1917 in Form von Mün­zen, gefolgt von Papier­no­ten. Mit dem Kriegs­en­de 1918 nahm die Pro­duk­ti­on von Noten zu, und es war bald selbst­ver­ständ­lich für die Bür­ger, Not­geld­schei­ne in Hän­den zu hal­ten. Die­se Schei­ne wur­den jedoch nicht nur als Zah­lungs­mit­tel genutzt; Han­ke sah auch in ihnen eine Ein­nah­me­quel­le und warb inten­siv für ihre Samm­lung. Mit dem 25-Mark-Schein begann am 15. Juli 1921 die Geschich­te des Bie­le­fel­der Stoff­gel­des. Han­ke ließ Geld­schei­ne auf ver­schie­de­nen Stof­fen dru­cken, um neue Samm­ler­krei­se anzusprechen.

Trotz eines Ver­bots durch die Behör­den wur­den die­se Stoff­schei­ne wei­ter­hin im Han­del ver­wen­det, was zu Ver­wir­rung führ­te. Wäh­rend die Infla­ti­on zunächst abnahm, nahm sie Ende 1921 wie­der zu und mün­de­te in die Hyper­in­fla­ti­on von 192223. In die­ser Zeit brach­te Han­ke bis 1924 immer neue Vari­an­ten von Papier- und Stoff­schei­nen her­aus, wobei die Nenn­wer­te ins Uner­mess­li­che stie­gen – von Tau­sen­den zu Mil­lio­nen und schließ­lich Bil­lio­nen. Der höchs­te Nenn­wert war ein 10-Bil­lio­nen-Mark­schein aus Novem­ber 1923.

Mit der Wäh­rungs­re­form im Novem­ber 1923 ende­te die Hyper­in­fla­ti­on abrupt, und die alten Wer­te ver­lo­ren ihre Bedeu­tung. Paul Han­ke wur­de 1925 in den Ruhe­stand ver­setzt, als klar wur­de, dass sei­ne Spar­kas­se in Schwie­rig­kei­ten war. Heu­te ist sein Name weit­ge­hend ver­ges­sen, doch das Bie­le­fel­der Not­geld und ins­be­son­de­re die Stoff­schei­ne sind nach wie vor ein belieb­tes Sam­mel­ob­jekt und ein Zeug­nis einer außer­ge­wöhn­li­chen Zeit in der Stadtgeschichte.

Quel­len:

Bie­le­fel­der Not­geld und die “Rats­her­ren­al­ben”

Vor 100 Jah­ren: In Bie­le­feld ent­steht Geld auf Samt und Seide

Vor 100 Jah­ren – das ers­te Bie­le­fel­der Not­geld erscheint

Das Bie­le­fel­der Stoff­geld 1917 – 1923