Getting your Trinity Audio player ready...
|
Von Ralf Keuper
Seit nunmehr 10 Jahren wird über das Modell der “Digitalen Bank” diskutiert. Dominiert wird die Unterhaltung durch die diversen Veröffentlichungen der Beratungsunternehmen wie McKinsey, BCG, Deloitte, Accenture u.a.. Fast könnte man sagen, die Idee wird immer mal wieder “recycled” – je nachdem, welche technologischen Neuerungen, wie Cloud-Computing und aktuell die Generative KI, es darin zu integrieren gilt. Insofern erweist sich das Modell der Digitalen Bank als ebenso langlebig wie anpassungsfähig.
Geblieben sind jedoch die blinden Flecken, die auf diesem Blog bereits 2014 in den Beiträgen Die digitale Bank – eine Sackgasse #1 und Die digitale Bank – eine Sackgasse #2 thematisiert wurden.
Auf Basis einer aktuellen Analyse The Blueprint of modern digital Banks von Simon Koci auf LinkedIn, in der erneut ein rascher Wandel hin zur vollständig digitalen Bank propagiert wird, habe ich Perplexity um eine Einschätzung gebeten, wobei ich die zuvor genannten Bankstil-Beiträge als kritische Referenz angegeben habe. Als weitere Quellen griff Perplexity dabei auf die Artikel Digital Banking: 2025 Market Overview, Trends & Insights, 7 Ultimate Digital Banking Trends 2025 to Elevate Financial Brands UX und The Future of Banking Technology: Trends and Developments on the Path to the Next Generation of Banking zurück.
Hier das Ergebnis:
Die beiden Bankstil-Artikel aus dem Jahr 2014 zeigen eine bemerkenswert vorausschauende und kritische Perspektive auf die damals propagierte „Digitale Bank“. Viele der dort formulierten Kritikpunkte und Prognosen sind heute, mehr als zehn Jahre später, hochaktuell und werden durch aktuelle Entwicklungen und Analysen bestätigt.
Kernaussagen der 2014er-Artikel im Rückblick
Digitalisierung als „konservierende“ Transformation
Der Autor argumentiert, dass viele Digitalisierungsinitiativen im Bankensektor im Kern nur bestehende Strukturen digitalisieren, ohne das eigentliche Bankmodell grundlegend zu hinterfragen. Die Universalbank bleibt bestehen, lediglich die Kanäle werden digitalisiert. Dieses Muster ist auch heute noch sichtbar: Viele Banken setzen auf digitale Transformation, ohne das Geschäftsmodell radikal neu zu denken.
Die eigentliche Disruption kommt von außen
Bereits 2014 wurde erkannt, dass die wirkliche Bedrohung für Banken nicht von neuen, rein digitalen Banken (Neobanken) ausgeht, sondern von Internetkonzernen und Plattformen wie Google, Apple, Amazon, Alibaba oder Tencent. Diese Unternehmen kontrollieren die Kundenschnittstelle, verfügen über enorme Datenmengen und können Finanzdienstleistungen als Teil ihrer Ökosysteme anbieten – oft ohne selbst Vollbanken zu werden.
Medien- und Plattformlogik statt Banklogik
Der Autor weist darauf hin, dass Banken nicht nur die „digitale Logik“, sondern vor allem die „mediale Logik“ fehlt: Die Fähigkeit, relevante Informationen im richtigen Kontext bereitzustellen und in Plattformen eingebettet zu agieren. Genau das gelingt BigTechs heute mit ihren Ökosystemen und Super-Apps, während Banken häufig noch in Produkt- und Prozesslogik denken.
Kooperationen und Ökosysteme als Zukunftsmodell
Schon 2014 wurde prognostiziert, dass Banken künftig nur noch als Teil größerer digitaler Plattformen und Ökosysteme überleben können – entweder als Kooperationspartner oder als spezialisierte Zulieferer. Diese Entwicklung ist heute Realität: Banken setzen zunehmend auf Plattformmodelle, Banking-as-a-Service und die Integration von Drittanbietern.
Die Komplexitätsfalle der Universalbank
Die Skepsis gegenüber dem Modell der digitalen Universalbank hat sich bestätigt. Viele Neobanken und digitale Vollbanken kämpfen mit Rentabilität, Komplexität und regulatorischen Anforderungen. Die meisten digitalen Banken sind gezwungen, sich zu spezialisieren oder als Infrastruktur-Provider (z.B. BaaS) zu agieren.
Was hat sich bewahrheitet?
- BigTechs dominieren die Kundenschnittstelle: Apple Pay, Google Pay, Amazon Pay und andere Plattformen sind im Zahlungsverkehr und zunehmend auch bei Finanzdienstleistungen präsent. Banken laufen Gefahr, zu „austauschbaren Infrastrukturanbietern“ zu werden.
- Kooperationen und Plattformmodelle setzen sich durch: Banken arbeiten mit Fintechs, Plattformen und branchenfremden Anbietern zusammen, um innovative Services bereitzustellen und Teil von Ökosystemen zu werden.
- Digitale Transformation ist notwendig, aber nicht hinreichend: Digitalisierung allein reicht nicht, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Entscheidend ist die Fähigkeit, sich als Plattform oder Ökosystem zu positionieren und echte Mehrwerte für Kunden zu schaffen.
- Spezialisierung statt Universalbank: Die Komplexität, alle Bankdienstleistungen digital und auf höchstem Niveau anzubieten, ist für die meisten Institute nicht zu stemmen. Nischenanbieter und spezialisierte Zulieferer gewinnen an Bedeutung.
Fazit
Die Bankstil-Artikel von 2014 haben die entscheidenden Herausforderungen und Grenzen der „digitalen Bank“ früh erkannt. Sie lagen richtig mit der Einschätzung, dass die eigentliche Disruption von Plattformen und BigTechs ausgeht und dass Banken ohne mediale und technologische Öffnung Gefahr laufen, in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Die Zukunft gehört jenen Banken, die sich als Teil eines größeren digitalen Ökosystems verstehen, Kooperationen eingehen und sich auf ihre Stärken konzentrieren – statt zu versuchen, die „Welt von gestern“ einfach nur digital abzubilden.