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Von Ralf Keuper 

Die Geschich­te der moder­nen Kre­dit­aus­kunftei­en beginnt in den USA. Die infra­struk­tu­rel­le Dyna­mik, die mit der Moder­ni­sie­rung der USA im 19. Jahr­hun­dert ein­her­ging, stell­te für die Abwick­lung geschäft­li­cher Trans­ak­tio­nen zwi­schen mehr oder weni­ger Unbe­kann­ten gro­ße Her­aus­for­de­rung dar. Was­ser­we­ge, Eisen­bah­nen, Dampf­schif­fe und ande­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel beschleu­nig­ten den Trans­port von Per­so­nen, Waren und Infor­ma­tio­nen erheb­lich[1]Vgl. dazu: A Nati­on Trans­for­med by Infor­ma­ti­on: How Infor­ma­ti­on Has Shaped the United Sta­tes from Colo­ni­al Times to the Pre­sent[2]vgl. dazu: Von der Eisen­bahn zur Platt­form­öko­no­mie – Ban­king ver­flüch­tigt sich. Die­se Ent­wick­lun­gen ermög­lich­ten neue wirt­schaft­li­che Ver­knüp­fun­gen und erhöh­ten gleich­zei­tig das Risi­ko von Betrug. In kre­dit­ba­sier­ten Märk­ten wur­de jeder Käu­fer zum poten­zi­el­len säu­mi­gen Schuld­ner, was die Not­wen­dig­keit robus­ter Ver­trau­ens­be­zie­hun­gen erhöhte.

Die Wirt­schafts­kri­se von 1837 in den USA zeig­te die Not­wen­dig­keit eines moder­nen Sys­tems zur Bewer­tung der Kre­dit­wür­dig­keit auf. Zu die­sem Zweck wur­den Kre­dit­aus­künf­te zu einem gän­gi­gen büro­kra­ti­schen Instru­ment. Die­se Berich­te wur­den von Agen­ten vor Ort gesam­melt und in zen­tra­li­sier­ten Geschäfts­bü­chern fest­ge­hal­ten. Die hand­schrift­li­chen Berich­te waren Uni­ka­te, die nur auf Anfra­ge zur Ver­fü­gung stan­den, was den Zugang zu die­sen Infor­ma­tio­nen erschwer­te und das Geschäft mit Kre­dit­wür­dig­keit wei­ter­hin exklu­siv hielt.

Schon bald ent­stan­den Mer­can­ti­le Agen­ci­es, die die Über­wa­chung der Kre­dit­wür­dig­keit von Geschäfts­leu­ten wei­ter sys­te­ma­ti­sier­ten. Eine der bekann­tes­ten Agen­tu­ren war die von Lewis Tap­pan, die Aus­künf­te über die Zah­lungs­mo­ral und Ver­trau­ens­wür­dig­keit von Indi­vi­du­en bereit­stell­te. Die­se Agen­tu­ren nutz­ten ver­schie­de­ne Metho­den wie Daguer­reo­ty­pien und Schä­del­ver­mes­sun­gen, um die Iden­ti­tät und den sozia­len Sta­tus von Per­so­nen fest­zu­stel­len. Die Prak­ti­ken der Mer­can­ti­le Agen­ci­es erlaub­ten eine sys­te­ma­ti­sche Erfas­sung und Doku­men­ta­ti­on von Infor­ma­tio­nen über die wirt­schaft­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit von Ein­zel­per­so­nen[3]Pro­to­kol­lie­ren und For­ma­tie­ren. Zur Medi­en­ge­schich­te des cre­dit reports.

Tap­pan und Brad­street als Pioniere 

Neben Tap­pan leis­te­te die Brad­street Com­pa­ny Pio­nier­ar­beit bei der sys­te­ma­ti­schen Erfas­sung und Bewer­tung von Infor­ma­tio­nen über die Kre­dit­wür­dig­keit von Geschäfts­leu­ten. Brad­street Com­pa­ny, gegrün­det in den 1840er Jah­ren, war die ers­te Agen­tur, die gedruck­te Refe­renz­ver­zeich­nis­se von Schuld­nern anbot. Sie kon­zen­trier­te sich auf die umfas­sen­de Erfas­sung von Infor­ma­tio­nen, um Geschäfts­leu­ten zu hel­fen, fun­dier­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Die Mer­can­ti­le Agen­cy von Lewis Tap­pan hin­ge­gen spe­zia­li­sier­te sich auf das Sam­meln von Kre­dit­be­rich­ten, die auf indi­vi­du­el­len Erfah­run­gen basier­ten, und war bekannt für ihre detail­lier­te Doku­men­ta­ti­on und den Ein­satz loka­ler Informanten.

Bei­de Agen­tu­ren boten Kre­dit­be­rich­te an, die nicht nur finan­zi­el­le Infor­ma­tio­nen, son­dern auch qua­li­ta­ti­ve Bewer­tun­gen der Zah­lungs­mo­ral und des Cha­rak­ters von Geschäfts­leu­ten beinhal­te­ten. Die­se Berich­te wur­den von Agen­ten vor Ort erstellt und doku­men­tier­ten die wirt­schaft­li­che Leistungsf…