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Von Ralf Keuper
Die Überlebensfähigkeit einer Bank, noch dazu wenn es sich um eine inhabergeführte Privatbank handelt, ist in hohem Maß davon abhängig, in welche Netzwerken sie integriert ist. Das sind zum einen Netzwerke, die über persönliche Kontakte zustande kommen, und zum anderen solche, die eine Art ökonomischer Zweckgemeinschaft bilden. Im Idealfall sorgt die Zusammenarbeit im Netzwerk dafür, dass sich anbahnende Veränderungen rasch antizipiert und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können, z.B. um den Fortbestand der Bank zu sichern oder aber neue Geschäftsfelder zu erschließen. In Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs und stabiler politischer Verhältnisse tragen Netzwerke dazu bei, die sich bietenden neuen Chancen zu nutzen und die eigene Einflusssphäre zu erweitern. Wenn jedoch die Zeichen auf Sturm stehen, dann kann ein Netzwerk dabei helfen, das Schlimmste zu verhindern, wie z.B. die erzwungene Geschäftsaufgabe oder eine Insolvenz bis hin zum nackten Überleben.
Ein echter Härtetest für die Widerstandsfähigkeit sozialer und ökonomischer Netzwerke war ohne Zweifel die Zeit des Nationalsozialismus. Für Privatbanken, deren Inhaber der jüdischen Gemeinschaft angehörten, war die Lage besonders prekär, wie beim Bankhaus A. Aufhäuser aus München.
In seiner Dissertation Das Bankhaus H. Aufhäuser 1870–1938: Netzwerkbildung und ihre Auswirkung auf die Verdrängungsbestrebungen und „Arisierung“ im Nationalsozialismus aus dem Jahr 2014 untersucht Marc Balbaschewski die spezifischen Umstände, die es dem jüdischen Bankhaus H. Aufhäuser ermöglichten, fast sechs Jahre unter dem nationalsozialistischen Régime zu bestehen. Die zentrale Frage lautet, wie die dichte ökonomische und soziale Vernetzung der Bank und ihrer Inhaber eine schnelle „Arisierung“ oder Liquidation verhinderte.
Theoretisch-analytischer Rahmen
Ein weit gefasster Netzwerkansatz dient als theoretischer Leitfaden. Dieser Ansatz betrachtet die personalen Verflechtungen und Kopplungen der Geschäftsleitung zu relevanten Akteuren. Der Nutzen dieser Netzwerke und deren evolutionäre Entwicklung über Generationen hinweg stehen im Mittelpunkt der Analyse. Die enge Vernetzung wird als entsche…