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Von Ralf Keuper

Der ehe­ma­li­ge CEO von Intel, Andy Gro­ve, for­mu­lier­te in sei­nem Buch Nur die Para­no­iden über­le­ben. Stra­te­gi­sche Wen­de­punkt vor­zei­tig erken­nen drei Fra­gen für die Dia­gno­se des Bedin­gungs­rah­mens für das eige­ne Geschäft.

  1. Ändert sich ihr Hauptkonkurrent?
  2. Ändert sich etwas bei dem Haupt­an­bie­ter von Kom­ple­men­tär­pro­duk­ten? (Bran­chen­struk­tur)
  3. Haben ihre Kol­le­gen und Mit­ar­bei­ter nicht mehr alles im Griff? d.h. haben Sie den Kon­takt zum Markt und den Kun­den verloren?

Falls die Fra­gen mit Ja beant­wor­tet wer­den kön­nen, dann ist die Wahr­schein­lich­keit groß, dass das Unter­neh­men gera­de auf einen stra­te­gi­schen Wen­de­punkt zusteu­ert oder ihn bereits pas­siert hat.

Was ver­steht Gro­ve unter einem stra­te­gi­schen Wendepunkt?

Ein Wen­de­punkt liegt dort, wo sich das alte Bild einer Stra­te­gie auf­löst und einem neu­en weicht, das es dem Unter­neh­men ermög­licht, zu neu­en Höhen auf­zu­stei­gen. Wenn Sie jedoch den Kurs Ihres Unter­neh­mens an einem Wen­de­punkt nicht sorg­fäl­tig steu­ern, pas­sie­ren Sie einen Gip­fel­punkt und danach geht das Geschäft zurück. An sol­chen Wen­de­punk­ten beob­oach­ten Mana­ger: »Die Situa­ti­on ist anders. Etwas hat sich ver­än­dert«. Anders aus­ge­drückt ist ein stra­te­gi­scher Wen­de­punkt jene Situa­ti­on, in der das Gleich­ge­wicht der Bestim­mungs­fak­to­ren für die Wett­be­werbs­fä­hig­keit von der alten Struk­tur der bis­he­ri­gen Art der Geschäfts­tä­tig­keit und des bis­he­ri­gen Wett­be­werbs zu einer neu­en übergeht. 

Vor dem stra­te­gi­schen Wen­de­punkt war die Situa­ti­on der Bran­che unver­än­dert. Es ist ein Punkt, in dem die Kur­se sich gering­fü­gig, aber wesent­lich ver­än­dert hat und nicht mehr in den alten Zustand zurück­kehrt. … Meis­tens wird ein stra­te­gi­scher Wen­de­punkt schritt­wei­se erkannt. Zuerst hat man das beun­ru­hi­gen­de Gefühl, dass etwas anders ist. Din­ge funk­tio­nie­ren nicht mehr so wie bis­her. Die For­schung und Ent­wick­lung, die bis­her sehr erfolg­reich war, scheint nicht mehr in der Lage zu sein, das rich­ti­ge Pro­dukt zu ent­wi­ckeln. Kon­kur­ren­ten, die Sie bereits abge­schrie­ben hat­ten oder von denen Sie gar nicht wuss­ten, ob sie über­haupt noch exis­tie­ren, neh­men ihnen plötz­lich Umsät­ze weg. Die Mes­sen ver­mit­teln kei­nen ein­heit­li­chen Trend. Dann gibt es eine zuneh­men­de Dis­so­nanz zwi­schen dem, was das Unter­neh­men nach Auf­fas­sung der Unter­neh­mens­lei­tung tut, und dem, was tat­säch­lich im Innern des Unter­neh­mens abläuft. 

Der der­zeit welt­weit füh­ren­de Her­stel­ler von Chip­ma­schi­nen, ASML, befin­det sich aktu­ell in einer ähn­li­chen Situation.

Die Geschäft lie­fen zuletzt aus­ge­zeich­net. Ohne die Maschi­nen von ASML, so die Über­zeu­gung in der Bran­che, den Medi­en und im Unter­neh­men selbst, kön­nen Intel, AMD, TSMC & Co. nicht pro­du­zie­ren. Nun ist es in der Wirt­schafts­ge­schich­te so, dass ein sol­cher Zustand nicht ewig dau­ert. Irgend­wann tritt ein neu­er Mit­be­wer­ber auf, den man nicht auf dem Schirm hat­te, eine ver­än­der­te geo­po­li­ti­sche Situa­ti­on tritt auf und tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen, die einen eher indi­rek­ten Ein­fluss auf das Geschäft haben, begin­nen das eige­ne Geschäfts­mo­dell zu desta­bi­li­sie­ren. Dane­ben sind natür­lich noch wei­te­re Fak­to­ren denkbar.

Jeden­falls ändert sich gera­de der Haupt­kon­kur­rent von ASML, sofern man bis dato über­haupt von einem sol­chen spre­chen konn­te, da ASML mit sei­nen EUV-Litho­gra­phie­an­la­gen so ziem­lich ein­zig da steht. So soll es chi­ne­si­schen Wis­sen­schaft­lern am Har­bin Insti­tu­te of Tech­no­lo­gy gelun­gen sein, eine kom­pak­te und sta­bi­le EUV-Licht­quel­le zu ent­wi­ckeln. “Die­se ist essen­zi­ell für die Pro­duk­ti­on fort­schritt­li­cher Chi…