Von Ralf Keuper

Nach dem Abschied von Yomo und dem damit ver­bun­de­nen Anspruch der Spar­kas­sen, eine eige­ne Smart­phone-Bank in den Markt zu brin­gen, ist für vie­le Beob­ach­ter der Nach­weis erbracht, dass die Ban­ken nicht mehr zu ret­ten sind[1]Ein hoff­nungs­lo­ser Fall. Sie hät­ten den Anschluss längst ver­passt[2]Die Dino­sau­ri­er-Ban­ken sind zu spät dran. Ein Stand­punkt, der auf die­sem seit Jah­ren, eigent­lich von Beginn an[3]Stra­te­gi­sche Wen­de­punk­te im Ban­king, ver­tre­ten wird. Inso­fern – kein Widerspruch.

Aller­dings tut man den Ban­ken unrecht, wenn man das Pro­blem allei­ne an ihnen und  ihrer aus­ge­präg­ten Bera­tungs- und Lern­re­sis­tenz fest­macht. Der Befund gilt näm­lich für die gesam­te deut­sche Wirt­schaft. Das Bank­we­sen eines Lan­des kann letzt­lich nur so gut sein, wie es das Umfeld zulässt. Wenn die Unter­neh­men eines Lan­des nicht inno­va­tiv sind, dann wer­den es auch die Ban­ken nicht sein. Deutsch­land hat in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten auf vie­len wich­ti­gen (Massen-)märkten den Anschluss ver­lo­ren – ange­fan­gen mit der Unter­hal­tungs­elek­tro­nik, den Computern/​PCs, Mobil­te­le­fo­nen bis hin zur Auto­mo­bil­in­dus­trie[4]Geschich­te im Ers­ten: Digi­ta­le Ver­lust­zo­ne. Wie Deutsch­land den Anschluss ver­lor. Hier­zu­lan­de ist der Hang, an über­kom­me­nen Bran­chen- und Hand­lungs­lo­gi­ken fest­zu­hal­ten, beson­ders stark aus­ge­prägt. Sta­bi­li­tät, Qua­li­tät und Ver­läss­lich­keit gel­ten als höchs­te Güter. Die Bran­chen sel­ber bewe­gen sich über­wie­gend in Gestal­te­ten Umwel­ten[5]Von plu­ra­lis­ti­scher Igno­ranz und Gestal­tungs­hem­mung im Ban­king (Karl Weick), d.h. man geht davon aus, dass die Pro­ble­me sich inner­halb der Bran­chen- und Lan­des­gren­zen lösen las­sen, ent­we­der durch Fusio­nen, Kos­ten­ein­spa­run­gen, Lob­by­is­mus oder ande­re Maß­nah­men, die dazu die­nen, unan­ge­neh­me Ein­flüs­se der Außen­welt abzu­weh­ren – sie­he Die­sel­skan­dal. Anrei­ze, über die eige­nen Bran­chen­gren­zen hin­aus­zu­bli­cken, bestehen kaum. Jeder macht sein Ding. In Zei­ten der Deutsch­land AG, die von der Deut­schen Bank diri­giert wur­de[6]Die Deut­sche Bank und ihre Rol­le im deut­schen Finanz­sys­tem im Lauf der Zeit, war das noch anders, wenn­gleich nicht ide­al. Wich­ti­ge Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen, wie in das bun­des­wei­te Glas­fa­ser­netz, unter­blie­ben, obwohl deren Rele­vanz mit aus heu­ti­ger Sicht erstaun­li­cher Tref­fer­ge­nau­ig­keit pro­gnos­ti­ziert wur­de[7]Bericht der Bun­des­re­gie­rung über die Lage der Medi­en in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (1985)—Medienbericht ’85 — .

Anschluss ver­passt: Bei­spiel BIGFON 
BIGFON (Breit­ban­di­ges Inte­grier­tes Glas­fa­ser-Fern­mel­de-Orts­netz) war ein Sys­tem­ver­such zur Erpro­bung von Breit­band­kom­mu­ni­ka­ti­on, den die Deut­sche Bun­des­post von 1981 bis 1988 in sie­ben Städ­ten (West-Ber­lin, Ham­burg, Han­no­ver, Düs­sel­dorf, Stutt­gart, Nürn­berg und Mün­chen) durchführte.

Von dem beschrie­be­nen “Mind­set” kön­nen und wol­len sich weder die Orga­ni­sa­tio­nen noch die han­deln­den Per­so­nen tren­nen. Der Umbau wür­de zu viel Zeit bean­spru­chen und zu einem mas­si­ven Per­so­nal­ab­bau füh­ren. Die Poli­tik will das – ver­ständ­li­cher­wei­se – verhindern.

Ein Sys­tem ist nur äußerst sel­ten in der Lage, sich von innen her­aus zu refor­mie­ren. Meis­tens bedarf es dazu gra­vie­ren­der exter­ner Ereig­nis­se oder Schocks[8]Neue Schock­wel­len durch­zie­hen das Ban­king. Bis­lang ver­sucht jede Bran­che, jedes Land in der EU für sich, die­se Schocks zu ver­ar­bei­ten. Es fehlt eine Visi­on, wie die Wirt­schaft und Gesell­schaft der Zukunft aus­se­hen sol­len, und wel­che Rol­le Ban­ken oder bank­ähn­li­che Insti­tu­te dar­in über­neh­men können.