Von Ralf Keuper

Um zu ver­an­schau­li­chen, wie stark das Den­ken in ver­trau­ten Kate­go­rien die Wand­lungs­fä­hig­keit von Orga­ni­sa­tio­nen beein­träch­ti­gen kann, spricht der Orga­ni­sa­ti­ons­for­scher Karl Weick von plu­ra­lis­ti­scher Igno­ranz und Gestal­tungs­hem­mung. Sie ent­ste­hen immer dann, wenn die Mana­ger es ver­mei­den, ihre in stil­ler Über­ein­kunft getrof­fe­nen Annah­men einem Rea­li­täts-Check zu unter­zie­hen. Statt­des­sen tun sie alles, um zu bewei­sen, war­um Feld­ver­su­che nicht nötig sind. Als Argu­ment dient der Hin­weis, dass auch die ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen kei­ne Not­wen­dig­keit sehen, die eige­nen Grund­an­nah­men dar­über, wie sich das Geschäft in Zukunft ent­wi­ckeln wird, infra­ge zu stel­len. Zusam­men gestal­tet man sei­ne eige­ne Umwelt – gestal­te­te Umwel­ten wie Karl Weick sagt.

Die­ser Umstand arbei­tet den Her­aus­for­de­rern, die sich außer­halb der gestal­te­ten Umwelt befin­den, in die Hän­de. Im Ban­king wären das u.a. die Inter­net-Kon­zer­ne, eini­ge Fin­Tech-Start­ups eben­so wie Ein­zel­händ­ler, Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Kre­dit­kar­ten­un­ter­neh­men. Vie­le von ihnen bewe­gen sich jedoch wie­der­um selbst in gestal­te­ten Umwelten.

Clay­ton Chris­ten­sen sprach in sei­nem Buch The Innovator’s Dilem­ma eben­falls das Pro­blem gestal­te­ter Umwel­ten bzw. plu­ra­lis­ti­scher Igno­ranz an, indem er auf die Gefah­ren des Value Net­works hin­wies. Die­ses reprä­sen­tiert die Art und Wei­se, wie ein Unter­neh­men auf die Kun­den­be­dürf­nis­se und die Ent­wick­lun­gen am Markt reagiert. Über die Jah­re führt das dazu, dass sich bestimm­te Annah­men über die Kun­den und den Markt ver­fes­ti­gen. Inves­tiert wird vor­ran­gig in die Ver­bes­se­rung bestehen­der Pro­duk­te und Ver­fah­ren. Die Anreiz- bzw. Beloh­nungs­sys­te­me sind dar­an ange­passt. Pro­jek­te, die ein hohes (per­sön­li­ches) Risi­ko bedeu­ten kön­nen, wer­den vermieden.

In den Ban­ken wird ein Groß­teil der Inves­ti­tio­nen für die Umset­zung der regu­la­to­ri­schen Anfor­de­run­gen wie auch für die Instand­hal­tung der bestehen­den Sys­te­me und Pro­zess­op­ti­mie­run­gen ver­wen­det. Da bleibt häu­fig nur noch wenig Raum für Expe­ri­men­te, ganz zu schwei­gen von gro­ßen Inves­ti­tio­nen in neue Tech­no­lo­gien und in die Ver­än­de­rung des Orga­ni­sa­ti­ons­ge­dächt­nis­ses. Zu den weni­gen Aus­nah­men zäh­len die spa­ni­sche BBVA sowie die aus­tra­li­schen und neu­see­län­di­schen Ban­ken wie Comm­Bank, West­pac und ANZ. Gewiss – auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Jedoch haben die­se Ban­ken, zumin­dest nach mei­nem Ein­druck, erkannt, wel­che Gefahr von plu­ra­lis­ti­scher Igno­ranz und Gestal­tungs­hem­mung aus­geht: Sie füh­ren irgend­wann zu Hektik.

Wei­te­re Informationen:

Unter­neh­mens­be­ra­ter: Gefan­gen in der Welt von Gestern

“Struc­tu­re Is Not Orga­niza­ti­on” von Robert H. Water­man, Tom Peters und Juli­an R. Phillips

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