Von Ralf Keuper
Am Status der Banken als Finanzintermediäre wird in letzter Zeit von mehreren Seiten heftig gerüttelt. Nicht nur, dass die diversen FinTech-Startups die Disintermediation im Banking voran treiben; auch die Wissenschaft stellt die Funktion der Banken als Vermittler und Kapitalsammelstelle in Frage, wie Dirk Ehnts kürzlich in seinem Beitrag Banken schöpfen Geld aus dem Nichts und sind keine Intermediäre.
So unterschiedlich die Argumentations- bzw. Betrachtungsebenen auch sind, so zeigen sie doch, dass die Banken ihre Rolle als Finanzintermediäre neu definieren müssen, wenn sie ihre “funktionale Autonomie” (Alvin Gouldner) im Wirtschaftskreislauf bewahren wollen, d.h, wenn sie nicht überflüssig werden wollen.
Es ist erstaunlich, dass sich die volks- und betriebswirtschaftliche Forschung nur am Rande mit der Rolle der Banken im Wirtschaftskreislauf beschäftigt hat. Wenige Autoren haben sich an eine Theorie der Banken gewagt, wie George J. Benston oder Michael Klein in A Theory of the Banking Firm.
In Deutschland stammen die meiner Ansicht nach interessantesten Beiträge zu dem Thema aus der Soziologie wie Dirk Baeckers Womit handeln Banken? Eine Untersuchung zur Risikoverarbeitung in der Wirtschaft.
Ein weiterer bemerkenswerter Beitrag wurde von Bert Scholtens und Dick van Wensvenn im Jahr 2003 veröffentlicht. Er trägt den Titel The Theory Of Financial Intermediation: An Essay On What it Does (Not) Explain.
Darin stellen die Autoren u.a. fest, dass die Banken inzwischen Treiber im Bereich der Finanzinnovationen seien. Jedoch sahen sie gut vier Jahre vor Ausbruch der Finanzkrise das Problem darin, wie der Beitrag der Banken zum Bruttoinlandsprodukt korrekt beziffert werden könne, da die “off-balance-instruments” eine Bewertung erschweren. Es sei für Außenstehende nur schwer erkennbar, wie sich der wirkliche Wert dieser Finanzinnovationen, sprich Derivate, zwischen den Vertragsparteien verteile. Im weiteren Verlauf betonen die Autoren, dass die vorrangige Aufgabe der Banken als Finanzintermediäre das Risikomanagement ist. Es sei nicht der Job der Banken, zwischen Sparern und Investoren zu vermitteln.
Diese Sichtweise teilen die Autoren u.a. mit Niklas Luhmann und Dieter Wermuth.
Die vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass einige Banken längst nicht immer auf eigene Rechnung, eigenes Risiko gehandelt haben. Zumindest hier sind sie ihrer Rolle als Finanzintermediäre nicht gerecht geworden.
Der schleichende Funktionsverlust der Banken als Finanzintermediäre kann auch als weiteres Indiz für einen grundlegenden Stilwandel im Banking gewertet werden. Die Disintermediation im Banking durch neue Geschäftsmodelle wird diesen Wandel noch beschleunigen. Zusätzlicher Veränderungsdruck könnte demnächst, wie Christine Koller in ihrem Buch Geld war gestern schreibt, auch von den digitalen Währungen, Regionalgeld, Zeitbanken wie überhaupt von der Sharing Economy ausgehen.
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Sind die Banken die Verlierer des digitalen Zeitalters?