Von Ralf Keuper
Als der Chef der amerikanischen Regulierungsbehörde Office of the Comptroller of the Currency (OCC) vor einigen Wochen auf einer Veranstaltung laut über das Zusammenwachsen von E‑Commerce und Banking nachdachte, sorgte das für leichte Irritation (Vgl. dazu: Is the Bank of Amazon Coming? OCC Head Floats Merger Between Commerce and Banking).
Schon längst sind E‑Commerce-Unternehmen wie Amazon und Alibaba im Banking aktiv.
Gleiches gilt für den Hauptkonkurrenten von Alibaba auf dem chinesischen Markt JD.com. Zusammen mit der Industrial & Commercial Bank of China will JD.com im großen Stil Finanzdienstleistungen anbieten (Vgl. dazu: ICBC Teams Up With JD.com to Offer Digital Banking Services). Anders als Alibaba mit Ant Financials, verfügt JD.com über keinen eigenen Finanzarm – jedenfalls nicht in der gleichen Größenordnung. JD.com stellt seine Online-Plattform für die Geschäftsanbahnung zur Verfügung und sorgt im Nachgang für die Lieferung der (physischen) Vertragsdokumente an die Kunden. Abgesehen davon, ob das jetzt wirklich innovativ ist, zeigt es, welchen Vorteil Konzerne wie Amazon und Alibaba besitzen, die alles aus einer Hand anbieten können.
Auf der anderen Seite dringen Messaging-Dienste wie facebook und WeChat in das Bankgeschäft vor. In Korea ist der meist genutzte Messagingdienst des Landes, Daum Kakao, seit diesem Jahr mit einer eigenen Online Bank vertreten. Der Start der Kakao Bank übertraf die Erwartungen (Vgl. dazu: Kakao Bank, Koreas zweite online-only Bank, übertrifft Erwartungen in erster Woche).
Der Ansturm auf die online Konten war anfangs so groß, dass die Server am ersten Tag abstürzten. Innerhalb der ersten acht Stunden nach der Eröffnung der online-Bank hatten mehr als 230,000 Nutzer die App heruntergeladen und 103,000 neue Bankkonten eröffnet. Allein am ersten Tag wurden somit 26 Millarden Won (ca. 20 Millionen Euro) in Girokonten und Sparbüchern angelegt und Kredite in Höhe von 14 Milliarden Won (ca. 11 Millionen Euro) aufgenommen.
Das chinesische Pendant zu Google, Baidu, plante schon seit einiger Zeit den Einstieg in das Banking (Vgl. dazu: Alibaba, Baidu und Tencent: Ernstzunehmende Herausforderer der Banken aus dem Reich der Mitte).
In diesem Jahr ging Baidu mit der Agricultural Bank of China eine strategische Partnerschaft ein (Vgl. dazu: Baidu banks on strategic partnership).
The partners said the two sides would coöperate on financial products, build a fintech laboratory, and conduct in-depth research into the intelligent financial sector.
They added they would work together in the fields of financial technology, customer profiling, evaluation of customer credit, risk monitoring, and intelligent equity financing and investment services.
Seit Anfang 2017 ist Baidu überdies mit einer eigenen Online Bank, der Baixin Bank, am Markt vertreten. Vor wenigen Wochen gaben Baidu und Citic gemeinsam den Start der AiBank bekannt, wie in China Citic, Baidu launch direct bank in fintech push berichtet wird:
AiBank will focus on lending to individuals and small businesses while leveraging big data and artificial intelligence to build new risk control models, Li Rudong, president of the new bank said at a launch event in Beijing.
Ende vergangenen Jahres gab der chinesische Smartphone-Hersteller Xiaomi die Absicht bekannt, eine eigene Online Bank, Sichuan XW Bank, zu platzieren. Seitdem scheint aber nicht allzu viel passiert zu sein. Xiaomi spielt schon lange mit dem Gedanken, sein Engagement im Banking zu verstärken (Vgl. dazu: Xiaomi steigt (nicht nur) ins Bankgeschäft ein). Im Mai 2015 gründete Xiaomi dazu die Online Bank Xiaomi Huoqibao. In welcher Verbindung die Sichuan XW Bank und Xiaomi Huogibao zueinander stehen, konnte ich bislang nicht recherchieren.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die großen E‑Commerce- und Technologiekonzerne ebenso wie Messaging-Dienste das Banking schrittweise unter ihre Kontrolle bringen. Das weniger aus purer Leidenschaft, sondern eher aus nüchternem betriebswirtschaftlichen Kalkül, als logische Ergänzung ihres Online-Angebots. Bankprodukte, die letztlich nur aus Informationen bestehen, keine Lagerkosten verursachen, in der Herstellung günstig sind und sich überdies problemlos im Internet vertreiben lassen, passen, neben Medien, Entertainment und Gaming, daher besonders gut zum eigenen Angebot; sie runden es ab.