Von Ralf Keuper

Im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung haben wir laut Mar­kus Albers die Kon­tem­pla­ti­on auf dem Altar des Göt­zen Kol­la­bo­ra­ti­on geop­fert, was jedoch kei­nes­wegs immer zu bes­se­ren Arbeits­er­geb­nis­sen führt – im Gegen­teil. So wür­den Stu­di­en bewei­sen, dass Indi­vi­du­en eine grö­ße­re Men­ge ori­gi­nel­ler Ideen ent­wi­ckeln, wenn sie nicht (stän­dig) mit ande­ren inter­agie­ren. Laut MIT redu­ziert ein kol­la­bo­ra­ti­ver Design­pro­zess die Krea­ti­vi­tät der Ergeb­nis­se, weil er dazu ten­diert, exis­tie­ren­de erfolg­rei­che Ansät­ze inkre­men­tell zu modi­fi­zie­ren, anstatt radi­kal ande­re zu erkun­den[1]Digi­ta­li­sie­ren wir uns zu Tode?.

Julia Peg­low sieht es ähn­lich: “Wir haben die Struk­tu­ren selbst gebaut, in denen wir heu­te gefan­gen sind. Die Pro­duk­te erfun­den, mit denen uns klamm­heim­lich unser Den­ken abhan­den gekom­men ist. In Wirk­lich­keit erschaf­fen nicht mehr wir sie, son­dern sie uns. So haben wir uns ver­lo­ren”[2]Wir Inter­net­kin­der.

Ohne Pau­sen, ohne zeit­wei­sen Abstand vom Getrie­be des All­tags bzw. des Inter­nets kann ech­te Krea­ti­vi­tät nicht gedei­hen. Krea­ti­vi­tät braucht Eigen­zeit und Flow.

Mit der Ein­bin­dung in die welt­um­span­nen­de Gleich­zei­tig­keit durch die moder­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien “wächst das Bedürf­nis nach der Abgren­zung der »eige­nen« Zeit von jener, die die Men­schen mit ande­ren ver­bin­det; es wächst der Wunsch, die Ver­schrän­kun­gen eini­ger­ma­ßen selbst steu­ern zu kön­nen, »Zeit­sou­ve­rä­ni­tät« über die Lokal­zeit zu erlan­gen, die nun sicht- und wahr­nehm­bar ein­ge­bun­den ist in die Welt­zeit”, so Hel­ga Nowot­ny im Jahr 1988 in ihrem Buch Eigen­zeit. Ent­ste­hung und Struk­tu­rie­rung eines Zeit­ge­fühls. Die Indi­vi­du­en ste­hen damit vor der Her­aus­for­de­rung, die ver­schie­de­nen Zei­ten – Eigen­zeit, Sys­tem­zeit und Welt­zeit – zu syn­chro­ni­sie­ren: “Durch das Neben­ein­an­der der Zei­ten in einer hoch­dif­fe­ren­zier­ten Gesell­schaft steht auch das Indi­vi­du­um vor sehr unter­schied­li­chen zeit­li­chen Belas­tun­gen, die Eigen­zeit mit den Anfor­de­run­gen der insti­tu­tio­na­li­sier­ten Fremd­zeit in Ein­klang zu brin­gen; Belas­tun­gen und Erwartungen,…

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1 Digi­ta­li­sie­ren wir uns zu Tode?
2 Wir Inter­net­kin­der