Das Bankgeschäft ist, diese Erfahrung machen viele Fintechs, längst nicht so trivial, wie es auf Power Point – Folien zu sehen und zu lesen ist. Spätestens dann, wenn das Fintech sich mit einer Banklizenz schmücken kann und die Regulierung in vollem Umfang zuschlägt, zeigt sich, dass eine coole App alleine nicht ausreicht, um auf Dauer erfolgreich zu sein. Es fehlt vor allem an Routine im Sinne von institutionalisiertem Wissen und Standards.
Es erstaunt, dass sog. Neobanken, die damit werben, eigentlich Technologieunternehmen mit Banklizenz zu sein, gerade auf der technologischen und organisatorischen Seite große Defizite haben, wie die Beispiele Solaris, N26 und Revolut zeigen. Eigentlich sollte es doch ein Kinderspiel sein, mittels der Verfahren der KI verdächtige Kontobewegungen frühzeitig zu erkennen oder bestimmte Kunden erst gar nicht aufzunehmen. So bemängelte die BaFin bei N26 erst kürzlich wieder: “Das Institut muss ein hinreichendes EDV-Monitoring schaffen, eine angemessene Qualitätssicherungsfunktion aufbauen und wirksame Kontrollen von Auslagerungen einrichten”.
Banking ist und bleibt laut Alain Krapl vom Swiss Finance Institute ein «People Business»[1]Alain Krapl: «Banking war noch nie ein triviales Geschäft». Das kann die beste App nicht ausgleichen. Schon gar nicht, wenn der Support nur bedingt auskunftsfähig und nur schwer bis gar nicht erreichbar ist[2]Vgl. dazu: 10 Tipps zur Stärkung der Kundenbeziehung im Bankensektor[3]Neo- und Direktbanken bei Problemen nur schwer zu erreichen.
Gutes Banking ist daher im positiven Sinn langweilig und unspektakulär[4]Warum wir wieder langweilige Banker brauchen[5]Wie Fintech-Jobs langweilig wurden. Außergewöhnliche Leistungen und Routine schließen sich für Peter F. Drucker nicht aus. “Routine ist das, was einfache Arbeitskräfte ohne Urteilsvermögen fähig macht, das zu leisten, wozu beim erstenmal fast ein Genie erforderlich war. Routine macht die Erfahrungen, die ein fähiger Mann bei der Überwindung der Krise von gestern sammelte, zur normalen sytematischen Folge von Arbeitsstufen … Eine gutorganisierte Fabrik, merkte ich bald, ist ein Platz der Ruhe. Eine Fabrik, in der es dramatisch zugeht, in der das Epos der Industrie vor den Augen des Besuchers abrollt, ist nicht gut organisiert. Eine gutorganisierte Fabrik ist langweilig. Nichts Aufregendes geschieht, weil die Krisen vorweggenommen und in Routinen verwandelt worden sind. Gut geleitete Organisationen aller Bereiche sind in ähnlicher Weise uninteressant”[6]Peter F. Drucker: Die ideale Führungskraft[7]Niklas Luhmann: Lob der Routine. Nicht viel anders argumentierte Andy Grove einige Jahrzehnte später in seinem Buch Hocheffizientes Management: “Das nächste wichtige Fertigungskonzept, das wir auf die Arbeit eines Managers anwenden können, ist das Streben nach Managers Gleichmäßigkeit. .. Auch wenn wir das Verhalten unserer Kunden nicht beeinflussen können, sollten wir versuchen, unsere Arbeitsbelastung so gleichmäßig wie möglich zu verteilen. Unsere Arbeit als Manager sollte sich an den Prinzipien einer Fabrik und nicht der Auftragsfertigung orientieren. Dementsprechend sollten wir tun, was wir können, um kleine Unterbrechungen in unserem Tagesablauf und Notfälle, auf die wir sofort reagieren müssen, zu verhindern. Auch wenn letztere zum Teil unvermeidlich sind, sollten wir immer nach Ursachen zukünftiger Probleme hoher Priorität suchen..”.
Im Bankgeschäft sind die meisten Vorgänge standardisiert und zur Routine geworden, was freilich nicht immer von Vorteil ist. Gerade Tätigkeiten, die im Back Office angesiedelt sind, benötigen ein ausreichendes Maß (IT-gestützter) Standards und Routinen. Organisationen, denen es auch nach Jahren nicht gelingt, Standards einzuführen und das dazu nötige Wissen zu institutionalisieren[8]das wiederum braucht Zeit und gut ausgebildete Mitarbeiter und entsprechende Investitionen in die Aus- und Weiterbildung. Eine hohe Fluktuation verträgt sich damit nicht. Die ungewöhnlich hohe … Continue reading, haben gerade im Bankgeschäft keine Überlebenschance – und dort eigentlich nichts zu suchen.
References
↑1 | Alain Krapl: «Banking war noch nie ein triviales Geschäft» |
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↑2 | Vgl. dazu: 10 Tipps zur Stärkung der Kundenbeziehung im Bankensektor |
↑3 | Neo- und Direktbanken bei Problemen nur schwer zu erreichen |
↑4 | Warum wir wieder langweilige Banker brauchen |
↑5 | Wie Fintech-Jobs langweilig wurden |
↑6 | Peter F. Drucker: Die ideale Führungskraft |
↑7 | Niklas Luhmann: Lob der Routine |
↑8 | das wiederum braucht Zeit und gut ausgebildete Mitarbeiter und entsprechende Investitionen in die Aus- und Weiterbildung. Eine hohe Fluktuation verträgt sich damit nicht. Die ungewöhnlich hohe Personalfluktuation bei N26 Sie ist ein Zeichen dafür, dass neue Mitarbeiter über keine große Kompetenz verfügen müssen. So kann das nötige Mindestmaß an explizitem und implizitem Wissen weder aufgebaut noch weiterentwickelt werden |