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Von Ralf Keuper
John Maynard Keynes war einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Eng mit seinem Namen verbunden ist die Theorie des Deficit Spending, die während der Eurokrise immer wieder mal diskutiert wird.
Neben seiner Tätigkeit als Ökonom und Publizist war Keynes auch als Investor an der Börse aktiv:
Seine Karriere als privater Anleger startete Keynes als 22jähriger und hielt sie durch bis ans Lebensende. Sein Spielinstinkt ist vielfach bezeugt – ohne diesen wäre ja auch, wie er selbst meinte, “Kapitalanlage tödlich langweilig”. Den amerikanischen Keynes-Kenner Robert Lekachman verleitete diese “vermutlich einmalige Doppelbegabung” zu dem Urteil: “In Keynes verband sich der Wagemut eines Einbrechers mit dem Verstand eines erstklassigen Nationalökonomen” (in: Keynes und die Liebe zum Geld, manager magazin 4⁄86).
Diese Kombination bewahrte Keynes jedoch nicht vor hoch riskanten Engagements, die ihn mehr als einmal an den Rand des wirtschaftlichen Ruins brachten:
In allen Fällen, in denen Keynes starke Vermögenseinbußen hinnehmen musste, spielte seine Gewohnheit eine Rolle, einen erheblichen Teil seines Portfolios mit geborgtem Geld zu finanzieren, häufig mehr als die Hälfte. Dies in Verbindung mit längerfristigen Engagements und bemerkenswerten kurzfristigen Spekulationen wurde ihm einige Male gefährlich (ebd.)
Von Keynes’ Investmentphilosophie wenig beeindruckt war der Bankier Felix Somary, der seine Begegnung mit Keynes in den 1920er Jahren in seiner Biografie festhielt:
Keynes fragte mich, welche Haltung ich meinen Klienten empfehle: “Sich von der kommenden Krise so weit wie möglich fernzuhalten und den Markt zu meiden”, antwortete ich. Keynes war entgegengesetzter Meinung: “Es kommt keine Krise mehr in unserer Zeit”, insistierte er, und er fragte mich eingehend nach meiner Beurteilung einzelner Gesellschaften. “Ich halte den Markt für sehr interessant und die Preise für niedrig”, sagte Keynes. “Von woher soll denn eine Krise kommen?” – “Vom Unterschied zwischen Schein und Wirklichkeit. Ich habe noch nie so schwere Unwetter heraufziehen gesehen”, antwortete ich. Effektenspekulation schien ihn leidenschaftlich zu interessieren, und er wiederholte trotz meiner deutlichen Abweisung immer wieder die Frage, was man auf dem Kontinent kaufen solle (in: Erinnerungen aus meinem Leben)
Nachdem er reichlich Lehrgeld an der Börse gezahlt hatte, bevorzugte Keynes gegen Ende seines Lebens die Prinzipien des Value Investing:
Er reduzierte die Zahl der Posten auf unter 50, steckte “anständig große Summen in Unternehmen, von denen er einiges wusste und an deren Management er glaubte – und hielt “seinen Lieblingen” die Treue (in: Keynes und die Liebe zum Geld, manager magazin 4⁄86).