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Von Ralf Keuper
In Zeiten, in denen Bankgeschäfte immer häufiger unterwegs, mobil erledigt werden, ist es eigentlich nur folgerichtig, wenn Automobilhersteller versuchen, von dieser Entwicklung zu profitieren.
Das Auto spielt eine immer wichtigere Rolle im “digitalen Alltag” der Menschen, gerade in Deutschland. Bisher verband man damit nur die Angebote, die unter dem Schlagwort “Infotainment” die Runde machen. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung, die es ermöglicht, die unterschiedlichsten Geräte miteinander zu verknüpfen, stellen sich viele Autohersteller die entscheidende Frage, die bereits Theodore Levitt in seinem legendären Aufsatz Marketing Myopia formuliert hatte:
In welchem Geschäft sind wir eigentlich?
Wenn Autos, wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Printausgabe kürzlich schrieb (“Digitale Durchstarter” vom 10. Oktober 2014), zu rollenden Computern werden, dann kommen die Automobilhersteller kaum umhin, den Fahrern und Mitfahrern eine Umgebung zu bieten, die sie von zu Hause oder von ihrem Arbeitsplatz gewohnt sind. Sollten autonome Fahrzeuge ebenso wie die Vision des Vernetzten Verkehrs Realität werden, wird der Handlungsbedarf für die Automobilhersteller noch steigen.
Schon seit einigen Jahren betreiben die Hersteller intensive Forschungen, wie die Automobile an die sich verändernde Lebenswelt der Kunden angepasst werden können. Vorreiter nach meinem Eindruck ist hier BMW. Im Jahr 2011 berichtete der BMWBlog von ersten Versuchen, den Car Key mit NFC-Technologie zum mobilen Bezahlen auszustatten. Bereits 2009 rief BMW zusammen mit anderen Automobilherstellern die Genivi Alliance ins Leben. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, eine auf Open Source basierte Plattform für die Entwicklung von Infotainment- bzw. In-Vehicle-Lösungen bereitzustellen.
Laut letztem Stand, den ich recherchieren konnte, setzt BMW seine Bemühungen, die NFC-Technologie in das Auto zu bringen, fort. Mit der Lancierung der mobilen Bezahllösung Apple Pay, die der NFC-Technologie zum Durchbruch im Handel verhelfen könnte, kommt weitere Dynamik in das Thema.
Vergegenwärtigt man sich dann noch, dass die Automobilhersteller über eigene Banken verfügen, ist die Aussage nicht zu weit hergeholt, hier einen weiteren Spieler im Mobile Banking heranreifen zu sehen.
Neben BMW hat den Trend auch VW erkannt. Wie heute bekannt wurde, bietet die Finanztochter von VW, Volkswagen Financial Services, zusammen mit Visa Europe eine Mobile-Payment-Lösung für das kontaktlose Bezahlen an.
Miranda Hill, Vice President and Manager for Digital Innovation Capabilities bei Wells Fargo, entwarf vor einiger Zeit am Beispiel der fiktiven Person Patty ein Bild des Banking im Zeitalter der Connected Devices bzw. der Connected Cars. Auf der Fahrt zur Arbeit bezahlt Patty ihre Rechnungen und checkt ihre Kontostände. Für den Fall, dass sie an dem Kauf bestimmter Aktien interessiert ist, kann sie sich die aktuellsten Informationen zu dem betreffenden Unternehmen während der Fahrt anhören. Am Arbeitsplatz angekommen, kann sie nahtlos, d.h. ohne Medienbrüche, ihre weiteren Bankgeschäfte erledigen, sofern nötig.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur reine Spekulation, wenn wir von einer weiteren Medienkonvergenz ausgehen, die dazu führen kann, nicht muss, dass sich die Einstiegspunkte, die die Kunden für die Erledigung ihrer Bankgeschäfte wählen, immer stärker von den traditionellen Kommunikationskanälen fortbewegen. Kurzum: Wer als Bank oder Finanzdienstleister auch in Zukunft noch an der, im wahrsten Sinne des Wortes, “Customer Journey” teilnehmen will, sollte dem Auto besondere Aufmerksamkeit widmen.
Mit Blick auf die Entwicklung im Bereich Smart TV verstärkt sich der Eindruck, dass auch im Banking künftig derjenige Anbieter den größten Erfolg hat, der seine Kunden am besten unterhalten, d.h. am längsten auf seiner Plattform binden kann. Die großen Suchmaschinenkonzerne wie Google und Baidu drängen wohl nicht umsonst in den Markt für Automobile. Kürzlich gaben BMW und Baidu eine Kooperation bei der Entwicklung hochsensibler Straßenkarten und Steuerungstechnologien bekannt. Währenddessen ließ der chinesische Internetkonzern Tencent, der auch im Bereich Internet Finance aktiv ist und stellenweise mit Baidu zusammenarbeitet, verlauten, in das Filmgeschäft einzusteigen.
Alles in allem mehren sich die Anzeichen, dass das Banking voll vom Medienwandel erfasst wird. Autos, wie überhaupt Fortbewegungsmittel, können hier eine wichtige Rolle spielen.
Weitere Informationen:
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