Die Frage, ob der Einzelhandel die Banken bei der Zahlungsabwicklung noch weiterhin benötige, wäre vor Jahren noch als exotisch durchgegangen. Mittlerweile, nicht zuletzt durch die, wenn auch zögerliche, Verbreitung von Mobile Payments, ist die Frage alles andere als weit hergeholt. Das jedenfalls ist der Tenor der aktuellen Celent-Studie Banks, Retailers, and Fintech: Reimaging Payments Relationships.Elliot Holley hat die wichtigsten Aussagen in seinem Beitrag Banks face new wave of disruption warns report kommentiert.
Was die Zahlungssysteme betrifft, sind die Banken über die Jahre ins Hintertreffen geraten, nicht nur gegenüber den Fintechs und Internetkonzernen wie Apple und Samsung, sondern auch im Vergleich zum Einzelhandel:
When banks set up their systems, they were often at the leading edge of technology. Swift, the network used for making cross-border payments, was pushing the boundaries of technology. However, as payments became increasingly seen as a utility, banks sought opportunities to reduce the cost in the value chain, not improve the value for all. As a result many banks’ payment systems are, at best, lagging the state of retailers’ systems, and in many cases ancient in comparison. .. Banks today only sell what they build (which is limited to what they can deliver and support through their heritage technology), and these are typically packaged, point solutions. These new players are designed from the ground up around the end-to-end processes of a corporate, with APIs allowing the corporate to choose what services it takes, and how it integrates them.
Trotzdem ist Celent der Ansicht, dass der Einzelhandel die Banken als vertrauensvolle Partner auch in Zukunft noch benötigt.
Celent believes that the smartest banks are going to leverage those trusted relationships to stay relevant to their customers and expand a range of services which they are well placed to deliver, such as instant financial advice or identity management services.
Nur zusammen, als Ökosystem, sei man stark genug, um sich gegen die großen digitalen Plattformen behaupten zu können.
Im Grunde das alte Lied. Kein Wort von dem Verlust der digitalen Souveränität der Banken und dem veränderten Mediennutzungsverhalten bzw. der Medienkonvergenz. Das klingt mehr nach Durchhalteparolen im Sinne von “Wir schaffen das!” – nur wie? Wie das Schaubild auf Seite 4 zeigt, sollen die Banken, Fintech und Einzelhandel das alte System, den alten Zustand wiederherstellen. Dann wird alles gut. Dass sich aber die Marktstruktur inzwischen geändert hat und der Wandel anhält, genannt seien M‑Commerce und Mobile Payments, wird in der Studie nicht erwähnt. Scheint nur eine Nebenbedingung zu sein. Die Banken sind mittlerweile, ob sie es wollen oder nicht, auf die Infrastruktur der Internetkonzerne angewiesen, wie Smartphones, Betriebssysteme, Identifikationstechnologien und Soziale Netzwerke. Das ist eine andere Situation, wie sie Andy Grove als Strategischen Wendepunkt beschrieben hat.
Dass Einzelhändler die Ansicht von Celent nur bedingt teilen, zeigt u.a. dass Wal Mart seine eigene Mobile Payments-Lösung lanciert und auch Target sich mit dem Gedanken trägt. Der Versuch, das Internet jetzt gemeinsam, d.h. Banken, Einzelhandel und Fintech, in ein eigenes Ökosystem zu integrieren, funktioniert nicht. Dafür müssten die Banken, wie in der guten alten Zeit, die wichtigsten Verkehrsknoten und Infrastrukturen dominieren, zumindest aber einen bestimmenden Einfluss darauf nehmen können. Das ist vorbei. Auch die Blockchain wird daran kaum etwas ändern können, vor allem dann nicht, wenn, wie Holley schreibt, die Zentralbanken dazu übergehen, selber digitale Währungen herauszugeben. Dann könnte auch die Stunde der Finanzagentur schlagen. Bankless Banking lässt grüßen.
Anders als die Banken, scheint der Einzelhandel das bereits erkannt zu haben.
Der Einzelhandel hat natürlich ein vitales Interesse daran, nicht bzw. nicht noch mehr in die Abhängigkeit von Alibaba, Amazon, Apple, Samsung und anderen zu geraten. Dafür braucht er Verbündete. Ob die Wahl dabei auf die Banken, wie wir sei heute noch kennen, fällt, ist alles andere als zwangsläufig. Wenn, dann wohl nur noch für die sichere und der Regulatorik entsprechende Transaktionsabwicklung. Das wäre dann eine weitgehend passive Rolle, jedenfalls keine aktiv mit-gestaltende.