Von Ralf Keuper
Seit einiger Zeit erleben wir eine wahre Flut von Apps, mit deren Hilfe die Banken versuchen, den Kontakt zu den Kunden auch im Internet nicht abreißen zu lassen. Jüngstes Beispiel ist die KiTTi mobile app von Santander.
Es ist zu befürchten, dass auch die ambitioniertesten Apps der Banken gegen die sog. Alpha-Apps kaum eine Chance haben; eine Entwicklung, die sich im Mediensektor bereits abzeichnet, wie Volker Schütz in Alpha Apps oder: Warum Medien höllisch aufpassen müssen berichtet. Darin macht er auf die Gefahren der wachsenden Verbreitung sog. Alpha Apps, d.h. digitaler Content- und Messaging-Plattformen wie Apple, Google, Amazon und facebook aufmerksam. Kaum jemand werde künftig noch im Netz gezielt die Seite einer Zeitung aufsuchen oder deren App installieren. Stattdessen geht der Leser dorthin, wo er sich bevorzugt aufhält; und das ist meistens facebook oder ein anderes soziales Netzwerk. Hier bekommen die Nutzer nicht nur den passenden Content, sondern auch weitere Angebote angezeigt, die zu ihrer Lebenswelt passen.
Das trifft in weiten Teilen auch für das Banking zu. Künftig werden die Kunden wohl kaum die diversen Apps ihrer Banken installieren oder deren Seite gezielt aufsuchen, um sich zu informieren. Haupteinstiegspunkt ist das soziale Netzwerk, in dem man sich bewegt, und das in den allermeisten Fällen keine Bank. Ein prominentes Beispiel einer Alpha-App für das Banking ist Alipay 9.0.
Die Plattformen von Apple, Google, Alibaba, facebook & Co. schlüpfen immer mehr in die Rolle digitaler Verleger. Sie stellen die Inhalte zusammen, erstellen ihnen sogar in manchen Fällen, und schnüren daraus ein Gesamtpaket, für das der Kunde in der einen oder anderen Weise zu bezahlen bereit ist. Die Informations- und Zahlungsströme laufen an den Banken weitestgehend vorbei. Sie bekommen einen bestimmten Anteil, über den zu verhandeln, mit wachsender Reichweite und Popularität der Plattformen, für sie immer schwieriger werden dürfte.
Die Hoffnungen, die eigene Marke werde sich gegen die Vereinnahmung der Plattformen behaupten oder die Errichtung eigener Plattformen mit zusammen gewürfelten Angeboten sei geeignet, die großen Internetkonzernen das Fürchten zu lehren, dürften sich als trügerisch erweisen, so sie in den Banken gehegt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob die Kooperation zwischen BNP Paribas und den großen Plattformen Google, facebook, twitter und Linkedin, von der in dem Beitrag Bankriese setzt auf die Gralshüter des digitalen Kundengeschäfts berichtet wird, die erhofften Synergien bringen wird, so verlockend bzw. plausibel der Gedanke auf den ersten Blick auch ist. Es könnte sich als faustischer Handel entpuppen. Warum sollten facebook, twitter und Google ein Interesse daran haben, die Banken mit Informationen zu versorgen, die es ihnen ermöglichen würde, unabhängiger zu agieren? Eher ist es so, dass die Abhängigkeit dadurch noch zunimmt.
Allerdings ist die Auswahl an Optionen nicht wirklich groß; sie nimmt sogar kontinuierlich ab. Insofern werden künftig noch mehrere Banken vor einer ähnlichen Entscheidung stehen, wie BNP Paribas. Das alles zeigt einmal mehr, wie weit die Machtverschiebung im Banking bereits fortgeschritten ist, wenn eine der größten Banken der Welt quasi kapituliert.
Da wirkt der Rat bzw. der Hinweis auf bankinnovation, die Banken mögen sich ein Beispiel an Netflix nehmen, doch recht hilf- und einfallslos. Welchen Content wollen die Banken denn anbieten? Eigene Spielfilme, Nachrichtensendungen, Artikel, Sendungen, Musik, Radio?
Kann es sein, dass hier schon andere den Fuss in der Tür haben?
Da brauchen wir andere Ideen.
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