Von Ralf Keuper
Im Jahr 1405 begann die legendäre Drachenflotte unter dem Admiral Zeng He ihre Expedition der Weltmeere. Mit 300 Schiffen ist sie eine der größten Flotten der Weltgeschichte. Die Schiffe hatten die 50fache Größe ihrer spanischen und portugiesischen Gegenstücke. Anders jedoch, als die Spanier und Portugiesen, hatten die Chinesen nicht die Absicht, ein Kolonialreich zu errichten. Es reichte ihnen aus, wenn die Handelspartner Tribut zahlten. Als der Nachfolger des Kaisers Yongle, der die Flotte in Auftrag gab, die Macht übernahm, war sein erster Entschluss, die Expeditionen zu beenden und die Flotte auf Eis zu legen. Dadurch war der Weg für Spanien, Portugal und England frei – und das, obwohl die Europäer erst Jahrhunderte später den gleichen technischen Stand erreichen sollten.
Es gibt Anzeichen, dass sich dieses Muster, wenngleich unter völlig anderen Umständen, wiederholen könnte. Betroffen ist diesmal der weltweite Zahlungsverkehr. Wie Ruedi Maeder in Der erwachende Riese: Alipay schreibt, schickt sich Alipay an, über den Tourismus weite Teile der Welt mit ihrer Zahlungsplattform abzudecken. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis Alipay sein Angebot über den Tourismus ausdehnt und in Europa und anderen Teilen der Welt etabliert. In Deutschland sind Wirecard und Concardis bereits Partner von Alipay. Schon heute ist Alipay die größte bankenunabhänigige Zahlungsplattform der Welt. Der Einstieg über den Tourismus ergibt strategisch Sinn, worauf auf diesem Blog bereits vor bald zwei Jahren in Die unterschätzte Bedeutung des Tourismus für Mobile Payments und E‑Commerce hingewiesen wurde.
Alipay – eine Flotte, bestehend aus einem ganzen Bündel von Apps, die in der Summe eine globale Lifestyle-Super App, einen Flottenverbund ergeben – wie zur Zeit der Drachenflotte.