Von Ralf Keuper

Bis heu­te (11.04.19) fin­det in Müns­ter die dies­jäh­ri­ge Haus­mes­se der Fidu­cia & GAD IT AG, COM19, statt.

Am 9.04. hat­te ich Gele­gen­heit, mir selbst Vor­ort einen Ein­druck zu ver­schaf­fen. Mein letz­ter Besuch liegt zwei Jah­re zurück (Vgl. dazu: Zu Besuch auf der IT-und Bank­fach­mes­se der Fiducia/​GAD in Müns­ter). Seit­dem hat sich im Ban­king und damit natür­lich auch bei der Fidu­cia & GAD eini­ges getan. Die The­men Künst­li­che Intel­li­genz, Robo­tik, Platt­form­öko­no­mie und Digi­ta­le Iden­ti­tä­ten haben an Bedeu­tung gewon­nen. Das war auf der Mes­se deut­lich zu spü­ren und zu sehen.

Aus dem Tagesgeschäft 

Die Migra­ti­on auf agree21 soll laut Vor­stands­chef Klaus-Peter Bruns in sie­ben Mona­ten abge­schlos­sen sein. Damit wer­den 300 Per­so­nen­jah­re frei. Dop­pel­struk­tu­ren fal­len weg. Pro­ble­me hat in den letz­ten Mona­ten die Per­for­mance der Sys­te­me berei­tet, wie im Bereich der Gesprächs­auf­zeich­nung. Bis Mit­te die­sen Jah­res soll sich die Lage nor­ma­li­sie­ren, so Klaus-Peter Bruns. Bei der Digi­ta­li­sie­rungs­in­itia­ti­ve befin­de man sich voll im Fahr­plan. Die ers­ten Funktionalitäten/​APIs ste­hen im Mai zur Ver­fü­gung. Digi­ta­le Iden­ti­tä­ten (CAS) sind ein stra­te­gi­sches The­ma. Agree21 wird modu­la­ri­siert und browserbasiert.

Die Umset­zung der regu­la­to­ri­schen Vor­ga­ben stellt die Ban­ken vor gro­ße Her­aus­for­de­run­gen in der IT, wie bei ana­cre­dit. Die Fidu­cia & GAD ent­wi­ckelt zusam­men mit Part­nern, wie msg gil­lar­don, parc IT und Accen­ture, gemein­sa­me Lösun­gen für den Bereich Bank­steue­rung, Mel­de­we­sen und Report­ing. Ziel ist der Auf­bau einer ein­heit­li­chen Daten­platt­form, um damit das regu­la­to­ri­sche Report­ing wie auch die Gesamt­bank­steue­rung zu vereinfachen.

YES/​CAS

Im Juni soll die gemein­sam von den Spar­kas­sen und Volks­ban­ken ent­wi­ckel­te Log­in- bzw. Sin­gle Sign On – Lösung YES an den Start gehen (Vgl. dazu: YES – ist nicht nur Spar­kas­sen: Jetzt stei­gen auch VR‑Banken ein. Ab Mai 2019 soll es los­ge­hen!).

Die Fidu­cia & GAD steu­ert ihren Authen­ti­fi­zie­rungs­ser­vice CAS bei. Die Spar­kas­sen und Volks­ban­ken wol­len sich als Ver­trau­ens­an­bie­ter für das Inter­net posi­tio­nie­ren und sich dabei bewusst von ande­ren Lösun­gen abhe­ben. Bei CAS bzw. YES muss sich der Kun­de nicht noch mal iden­ti­fi­zie­ren. Damit ent­fällt eine wich­ti­ge Hür­de für die Kun­den, was sich wie­der­um posi­tiv auf die Kon­ver­sa­ti­ons­ra­te der Händ­ler aus­wirkt. YES/​CAS bie­tet veri­fi­zier­te Iden­ti­tä­ten. Der Händ­ler kann dem­nach sicher sein, dass sich hin­ter dem Log­in ein ech­ter Kun­de ver­birgt. In einem wei­te­ren Schritt kann die Spar­kas­se oder Volks­bank, wie bereits bei Pay­pal und Klar­na, das Finan­zie­rungs- bzw. Zah­lungs­ri­si­ko über­neh­men. Die Bank trans­for­miert über den ID-Ser­vice ihr klas­si­sches Geschäft als Risi­ko­ma­na­ger und Inter­me­di­är in die digi­ta­le Welt.

geno­s­ha­ring

Mit geno­s­ha­ring unter­stützt die Fidu­cia & GAD die Volks­ban­ken bei ihren ers­ten Geh­ver­su­chen in der Plattformökonomie.

genosharing.de ist die Platt­form für das Lei­hen und Ver­lei­hen von Pro­duk­ten in der Regi­on. Die Nut­zung der Platt­form ist für pri­va­te und gewerb­li­che Anbie­ter geeig­net. Mit genosharing.de kön­nen Din­ge, die z.B. nur sel­ten gebraucht wer­den, an ande­re ver­mie­tet wer­den. Dies hilft, dass die­se Din­ge nicht extra ange­schafft wer­den müs­sen. Dadurch wird die Umwelt geschont. Jedes gelie­he­ne oder ver­lie­he­ne Pro­dukt muss nicht pro­du­ziert wer­den (Quel­le: Homepage).

Ziel ist der Auf­bau eines offe­nen digi­ta­len Öko­sys­tems, das sich aus den regio­na­len Unter­neh­men, Hand­wer­kern, den Volks­ban­ken und natür­lich auch den Kun­den zusammensetzt.

Vor­trag Richard David Precht

Ein High­light war sicher­lich der Vor­trag des Phi­lo­so­phen Richard David Precht. Dabei beleuch­te­te Precht die Aus­wir­kun­gen der Digi­ta­li­sie­rung auf die Arbeits­welt. Von der Auto­ma­ti­sie­rung beson­ders betrof­fen sind laut Precht  Bank­kauf­leu­te. Stan­dar­di­sier­te Tätig­kei­ten ohne Empa­thie wer­den weg­fal­len. Ban­ken kön­nen im direk­ten Kun­den­kon­takt gegen­über Bots und Huma­no­iden Robo­tern mit Empa­thie punk­ten. Als Bei­spiel, wie es nicht gehen soll­te, brach­te Precht ein eige­nes Erleb­nis. So muss­te er zusam­men mit sei­ner Ex-Frau bei einer Bank in Köln per­sön­lich sei­ne Unter­schrift für die Kon­to­er­öff­nung sei­nes min­der­jäh­ri­gen Soh­nes leis­ten. Dafür muss­te er eigens aus Düs­sel­dorf anrei­sen. Precht war davon aus­ge­gan­gen, dass der Vor­gang schnell und unkom­pli­ziert, d.h. ohne Ter­min, erle­digt wer­den könn­te. Wie er fest­stel­len muss­te, hat­te er sich da geirrt. Es war nicht mög­lich, die Unter­schrift ohne Ter­min zu leis­ten, wes­halb Precht unver­rich­te­ter Din­ge wie­der abrei­sen muss­te. Die Mit­ar­bei­te­rin, die ihn mit sei­nem Wunsch im Regen ste­hen ließ, wer­de, so Precht, zu Recht von der Digi­ta­li­sie­rung betrof­fen. Es han­del­te sich übri­gens dabei nicht um eine Volks­bank. Aber auch bei den Volks­ban­ken ist es mit der Empa­thie nicht immer zum bes­ten bestellt (Vgl. dazu: Wenn die Volks­bank doch nicht dein Freund ist …). Volks­ban­ken, so Precht, soll­ten stär­ker als bis­her den Umwelt­schutz als Geschäfts­feld entdecken.

Fazit

Die Ban­ken bewe­gen sich in einem dyna­mi­schen Markt­um­feld, das einen gro­ßen Anpas­sungs­druck auf die Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren und Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur aus­übt. In der IT macht sich das beson­ders bemerk­bar. Um mit den neu­en Mit­be­wer­ben, wie Goog­le, Ama­zon, Apple und Ali­baba, mit­hal­ten zu kön­nen, müs­sen die Ban­ken und ihre IT-Dienst­lei­ter deut­lich fle­xi­bler wer­den und sich bzw. ihre IT-Land­schaf­ten öff­nen. Die Zei­ten geschlos­se­ner Sys­tem sind vor­bei – jeden­falls für die Ban­ken. Dabei ist der Auf­bau digi­ta­ler Platt­for­men nur der ers­te Schritt. Erst, wenn es gelingt, eige­ne dyna­mi­sche Öko­sys­te­me, wie mit geno­s­ha­ring, zu ent­wi­ckeln, kön­nen die Ban­ken ihre Rol­le, zumin­dest in Tei­len, behaup­ten (Vgl. dazu: New Ban­king: Platt­form ist Pflicht – Öko­sys­tem ist die Kür). Der Schlüs­sel dafür sind die Digi­ta­len Iden­ti­tä­ten. Erst spät haben die Ban­ken und Spar­kas­sen den stra­te­gi­schen Wert der Digi­ta­len Iden­ti­tä­ten erkannt. Unbe­dingt zu ver­hin­dern ist, dass pay­dir­ket sich mit YES wie­der­holt. Eine gro­ße Kun­den­ba­sis reicht nicht aus, um in der digi­ta­len Öko­no­mie eine rele­van­te Rol­le zu spie­len, zumal die Her­aus­for­de­rer auch hier im Vor­teil sind.

Ent­schei­dend wird sein, ob es den Ban­ken und Spar­kas­sen gelingt, ihr Bereichs­den­ken zu über­win­den und in euro­päi­schen Dimen­sio­nen zu den­ken. Auch der agils­te IT-Dienst­leis­ter kann wenig bewir­ken, wenn die Ver­bands­po­li­tik und die Befind­lich­kei­ten eini­ger Regio­nal­fürs­ten die Rich­tung bestim­men, d.h. wenn es zu vie­le Häupt­lin­ge und zu wenig India­ner gibt.

Der Weg, den die Fidu­cia & GAD ein­ge­schla­gen hat, weist in die rich­ti­ge Rich­tung. Ihre größ­te Auf­ga­be besteht m.E. dar­in, die Sta­bi­li­tät und Ver­füg­bar­keit der Sys­te­me bei zuneh­men­der Agi­li­tät und Kom­ple­xi­tät sowie die gemein­sa­me Daten­hal­tung zu gewähr­leis­ten. Das ist wahr­lich nicht wenig. Die Geschäfts­mo­del­lin­no­va­ti­on muss/​sollte von den Volks­ban­ken kommen.