Von Ralf Keuper
Die Plattformökonomie hat das Banking längst erreicht. Internetkonzerne wie Amazon, Google oder Alibaba haben die Schnittstelle zum Kunden besetzt. Noch immer hält sich jedoch in den Banken der Glaube, weiter im Vollbesitz der Kundenbeziehung zu sein.
So dachte und denkt z.T. auch noch der Handel. Doch auch hier haben sich die Regeln durch das Aufkommen der Plattformökonomie, für die häufig auch das Synonym GAFA (Google, Apple, Facebook, Amazon) verwendet wird, grundlegend gewandelt.
In Deutschland beobachten Alexander Graf von Kassenzone, Joel Kaczmarek von Digital Kompakt und Jochen Krisch von Exciting Commerce die Auswirkungen der Plattformökonomie im Handel bereits seit Jahren. In dem hörenswerten Podcast Plattformökonomie. Die Implikationen der GAFA-Welt diskutieren sie nun gemeinsam. Wer sich das Vorgeplänkel sparen will, sollte ab Min. 8 einsteigen.
https://soundcloud.com/dkompakt/e‑commerce-handel-plattform-oekonomie
In der Vergangenheit hatten die Pure Player und Category Killer im Handel (für mich sind das neue Begriffe) den exklusiven Kundenzugang. Heute haben die großen Plattformen den Kundenzugang über mehrere Devices/Kanäle. Die Pure Player und Category Killer sind gezwungen, den Kundenkontakt anzumieten. Sobald sich die Aktivierungskosten der Bestandskunden denen der Neukundengewinnung nähern, ist spätestens die Zeit für den Aufbau einer oder für die Kooperation mit einer digitalen Plattform gekommen.
Wer nicht über extreme Kompetenzen in der Produktentwicklung verfügt, muss den Kunden immer wieder neu anmieten. Aber auch Plattformen sind gezwungen sich immer wieder neu zu erfinden. Langfristige Strategien oder Best Practices, wie sie von Beratern immer noch angepriesen werden, haben ausgedient. Auch die Berater sind gezwungen, sich neu zu erfinden und sich von ihren in Power Point manifestieren Denkschablonen zu lösen.
Als Kriterium für die Attraktivität einer Plattform ist der Werbekostenzuschuss (WKZ) besonders gut geeignet.
Die Erfolgschancen von Plattformen sind im sog. Frequenzgeschäft (täglicher Bedarf) besonders hoch. Jedoch: Nicht jedes Unternehmen kann und muss zu einer Plattform werden. Die GAFAs haben sich quasi nebenbei zu einer Plattform entwickelt, nachdem sie im Service, Logistik, Fulfilment eine besonders hohe Expertise und Produktivität aufgebaut hatten. Der Versuch nun, eine Plattform unter Rückgriff auf sog. Best Practices aufzubauen ist daher, wie u.a. Wal Mart zeigt, zum Scheitern verurteilt. Der Versuch bzw. der Rat, um das Bestehende mit best practices herum eine Plattform zu errichten, ist Ausdruck einer feature-orientierten Berater-Denke und eines sehr oberflächlichen Digitalverständnisses. Der Unterschied liegt in der Strategie, nicht in der Plattform. Die Frage muss lauten: Was macht Amazon anders?
Wer sich als Händler auf Amazon einlässt, was keinesfalls eine schlechte Idee sein muss, sollte sich dabei immer bewusst sein, dass die Interessen nicht deckungsgleich sind, d.h. Amazon kann sein Modell, seine Verfahren jederzeit ändern, u.a. durch den Druck durch neue Wettbewerber wie Alibaba. Man muss also ebenso flexibel sein. Planungshorizonte von mehreren Jahren gehören der Vergangenheit an.
Ob sie wollen oder nicht, auch die Banken müssen sich mit den Regeln der Plattformökonomie vertraut machen. Zu glauben, um das Bestehende herum ließe sich – mittels Best Practices und toller Features oder UX – eine Plattform, ein Ökosystem entwickeln, das es mit den GAFAs dieser Welt aufnehmen kann, ist Wunschdenken, wie es u.a. in der Zeitschrift für das Kreditwesen (Ausgabe 4/2017) Big Data. Kundendaten als Asset fröhliche Urständ feiert.