Von Ralf Keuper
Das Thema Mobile Payments wird wie kaum ein anderes in der “Szene” kontrovers diskutiert. Einige Kommentatoren halten den Hype um das Thema für übertrieben, die mit dem Markteintritt von Apple Pay verbundenen Erwartungen für maßlos überzogen. Dem hält die Fraktion der Mobile Payments-Propheten entgegen, dass die Verbreitung mobiler Bezahlverfahren schon jetzt beachtlich sei. Die Akzeptanz bei Kunden, Händlern und Banken steige von Tag zu Tag.
Die Skeptiker ebenso wie Befürworter gründen ihre Haltung nicht selten auf ihre persönlichen Beobachtungen, wogegen nichts einzuwenden ist. Nur schließen sie dann von ihren Beobachtungen auf die Gesamtheit, gehen also induktiv vor.
Dagegen hilft nur der Blick auf das Ganze, also der deduktive Ansatz. Bevor wir das Bild aber zusammensetzen können, benötigen wir eine ausreichende Zahl von Belegen, um daraus eine Evidenz ableiten zu können.
Hier ein Auswahl von Meldungen der letzten Tage und Wochen (bis zur KW22), die von einer wachsenden Akzeptanz mobiler Bezahlverfahren berichten:
- More merchants allowing mobile payments
- Google Payments will handle all your financial information, including Android Pay and Google Wallet apps
- Wirecard: Neue Entwicklungsplattform für Mobile Payment
- PayPal prepares for the mobile payment revolution
- One in five Australians make in-store mobile payments
- FinTech Startups sehen sich durch NFC-Studie bestätigt
- Spanish supermarket chain Bonpreu rolls out mobile payments to 170 stores
- Uber And PayPal Extend Payment Partnership, Now In 19 Countries
- Stripe unveils Scandinavian mobile payments push – Founder John Collison speaks at MoneyConf
- India, Where Cash Is King, Poised For Mobile-Payments Revolution As Internet Giants Alibaba, Amazon Move In
- BBVA Compass rolls out digital wallet
- Bezahlen per Smartphone: Mobile Payment & Wallet in Deutschland im Kommen
- Kontaktloses Bezahlen bei ALDI NORD
- Four in ten UK consumers willing to switch banks for mobile payments
- Google stellt Android Pay offiziell vor: 2015 wird das Mobile-Payment-Jahr
- US millennials lead the way for mobile payments
- Apple Pay now live at nearly 300 banks and credit unions
- Facebook Inc. Could Revive Its Payments Business With Games for Messenger
- Visa Europe rechnet 2015 mit Durchbruch beim mobilen Bezahlen
Und hier die Gegenseite:
- 8 Problems with Mobile Payments
- Mobile Payment ist in Deutschland noch nicht angekommen
- Apple Pay in Großbritannien: Ohne PIN, aber mit 20 Pfund Limit
- Apple Pay und Co: Warum mobile payment per Smartphone vorerst ein Rohrkrepierer bleibt
- US-Händlerumfrage: Apple Pay könnte Ziele für 2015 verfehlen
- Payments revolution? Forget Apple – watch Africa
Das sieht auf den ersten Blick nach einem klaren Fall aus. Allerdings ist diese Übersicht nicht vollständig und gewiss nicht frei von subjektiven Faktoren und damit nur eingeschränkt objektiv bzw. repräsentativ. Lässt sich – trotz der genannten Einschränkungen – aus den Belegen eine gewisse Beweiskraft ableiten?
Das denke ich schon. Die hohe Zahl positiver Meldungen ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass bei neuen Technologien die Zahl der positiven Berichte generell höher ist, als der negativen. Ansonsten käme die Botschaft nicht durch. Die mahnenden Stimmen sind daher häufig in der Minderheit, was nicht bedeutet, dass sie Unrecht haben.
Trotzdem zeichnet sich ein eindeutiger Trend ab, der für eine weitere Verbreitung und Akzeptanz mobiler Bezahlverfahren in der nächsten Zeit spricht. Dafür ist die Zahl der Initiativen und Lösungen inzwischen zu groß und sind die Player zu potent. Sicherlich sind noch manche Hürden zu überwinden, sowohl auf Kunden- und Händlerseite wie auch beim Thema Sicherheit.
Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, mobile Bezahlverfahren seien nach wie vor überbewertet, geht an den Tatsachen vorbei.
Gewiss gibt es Unterschiede zwischen den Regionen – jedes Land hat seinen eigenen Bank- und Bezahlstil – das gilt in besonderer Weise für Deutschland. Aber eine Entwicklung, die sich an mehreren Stellen gleichzeitig in der Welt vollzieht, wenngleich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, steht für einen tiefgreifenden Wandel, der die vielfältigen Hindernisse mit der Zeit überwinden wird. Das lehrt ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte – man denke nur an das Auto, den PC, die Eisenbahn, die Elektrizität (Wechselstrom, Gleitstrom), den Film usw.