Von Ralf Keuper
Wenn es darum ging, die eigenen IT-Systeme Dritten gegenüber zu öffnen, nahmen die Banken in der Vergangenheit eine reservierte Haltung ein. Ein Wendepunkt war die HBCI-Initiative der deutschen Banken, die im Jahr 1995 an den Start ging. Damit hatten die Banken hierzulande aus eigenem Antrieb einen öffentlichen Standard etabliert, der es Softwareherstellern gestattete, ihre Programme den HBCI-Banken zur Verfügung zu stellen. Ein, wenn man so will, Vorläufer von HBCI war BTX.
PSD2 als Beschleuniger eines Bewusstseinswandels in den Banken
Einen Schub bekam die mit HBCI einsetzende Entwicklung jedoch erst mit der Umsetzung von PSD2. Seitdem sind die Banken verpflichtet, Dritten Zugriff auf die Daten der Kunden zu gewähren, sofern die Kunden dem zuvor zugestimmt haben. Für diese relativ neue Form des Bankwesens hat sich der Begriff Open Banking etabliert. Einige Fintech-Startups haben die Chance genutzt und sich frühzeitig auf das Open Banking konzentriert, wie FinTecSystems.
Open Banking mit FinTecSystems
Dort sieht man sich ausdrücklich als Partner der Banken. Wichtige Erfahrungen konnten die Gründer, Stefan Krautkrämer, Dirk Rudolf und Martin Schmid, während ihrer Zeit bei SOFORT Überweisung von 2005 bis 2014 sammeln. In diesem Zeitraum entwickelte sich SOFORT Überweisung zum führenden Direktüberweisungsverfahren in Europa. Das Thema Open APIs war demnach kein Neuland. Laut Dirk Rudolf hat PSD2 in den Banken zu einem veränderten Bewusstsein geführt. Inzwischen gehen viele Banken ihre Rolle als Datenlieferant aktiv an. Um den Anforderungen von PSD2 gerecht zu werden, ohne dabei jedoch ihre gesamte Landschaft umkrempeln zu müssen, greifen sie dabei auf die Dienste von Startups wie FinTecSystems zurück. Mit der Produktsuite accourate können die Banken Kontoinformationen, Salden und Transaktionsumsätze kategorisieren, um damit beispielsweise die Bonität der Kunden zu bewerten und Betrugsrisiken zu minimieren.
Mit Open Banking zu integrierten Bankdienstleistungen und digitaler Kundennähe
Die zunehmende Vernetzung und Mobilität der Kunden zwingt die Banken dazu, ihre Services orts- und zeitunabhängig bereitzustellen. Die Zeiten, in denen Banken und Sparkassen das Geschäft in ihrem Haus zirkulieren lassen konnten, sind vorbei. Ausgangspunkt sind die Bedürfnisse der Kunden, die ihren Weg im Internet oft selbständig suchen und dabei nicht mehr auf eine Bank fixiert sind. Wenn eine Bank am Ende dieses Suchprozesses als Anbieter auftauchen will, muss sie entweder an allen relevanten Punkten im Netz vertreten sein und/oder den Suchvorgang mit gestalten. Vor allem letzteres lässt sich mit Open Banking erreichen. Die Bank wird für den Kunden in Finanzfragen der zentrale Einstiegspunkt. Über seine Bank hat er Zugang zu allen Bankdienstleistungen, die für ihn in Frage kommen. Im Idealfall, so Dirk Rudolf, wird der Kunde von seiner Bank vom Onboarding über die Bewertung (Scoring) bis zum Ende des Geschäftsvorgangs (Vertragsabschluss) in einer vertrauten Umgebung durchgängig bedient. Die Bank erhält dadurch IT-seitig eine Flexibilität, die sie mit ihren eigenen Systemen oder Verbund-Rechenzentren zu einem vertretbaren Aufwand (Zeit und Geld) kaum erreichen kann. Ein großer Vorteil von FinTecSystems sei, so Dirk Rudolf weiter, dass man aufgrund der langjährigen Erfahrung und den zahlreichen Kundenprojekten über eine Lernkurve verfügt, von denen die Banken profitieren.
Smart Services durch intelligente Finanz-und Datenanalyse
Mit intelligenten Mehrwertdiensten kann die Bank die Kunden an sich binden und sich vom Wettbewerb abheben. Das Mittel dazu sind Smart Data, die aus großen Datenmengen gewonnen und in sinnvolle Informationen umgewandelt werden. Damit lassen sich beispielsweise Cashflow-Analysen, Aggregation von Umsatzdaten, Risiko-Prognosen, digitale Haushaltsrechnungen, Dispo-Analysen, die Aggregation von API, Fraud- und Bonitäts-Indikatoren, die Gehaltsplausibilisierung sowie die Kontoinhaber-Verifikation umsetzen. Bei FinTecSystems arbeitet man laut CPO Dr. Tobias Ruland derzeit an einem selbstlernenden System, um die Kreditwürdigkeit der Kunden auf Basis der Kontoinformationen bewerten zu können.
Mehr Daten-Intelligenz in die Produkte zu bringen, wird am Ende genau das sein, was uns vom Wettbewerb sichtbar unterscheiden wird (Dr. Tobias Ruland)
Ausblick
So viel steht fest: Mit PSD2 und dem Aufkommen von Open Banking ist die Zeit der geschlossenen Systeme vorbei. Banken werden sich und ihre IT-Systeme weiter öffnen müssen, wenn sie den Kontakt zu den Kunden nicht an Google, Amazon & Co. verlieren wollen. Schon jetzt dominieren die Internetkonzerne die Kundenschnittstelle im Netz. Um nicht aus dem Blickfeld der Kunden zu verschwinden, sind die Banken gezwungen, sich als Anlaufstelle im Netz, was Finanzfragen betrifft, zu positionieren. Der Aufbau eigener Plattformen wie George könnte eine Alternative sein. Ein nicht zu unterschätzendes Hindernis sind die häufig veralteten IT-Systeme der Banken, lange Entscheidungswege sowie die Abhängigkeit von hauseigenen Lieferanten und Datenzentren. Das wiederum ist eine Chance für Fintech-Startups, die sich auf die intelligente Auswertung von Online-Kontoinformationen, auf die Daten-Intelligenz, spezialisiert haben.
Ein neuer, alter Gedanke.
Bereits vor mehr als vierzig Jahren prognostizierte der damalige Vorstandschef der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, dass die Banken, je verzweigter die Aktivitäten der Unternehmen und Kunden würden, Neuland betreten und dabei zwangsläufig auf die Erfahrung externer Zulieferer zurückgreifen müssten, um ihren passiven Erfahrungsschatz anzureichern.