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Von Ralf Keuper
Wer noch immer der Ansicht ist, dass sich im Banking trotz des digitalen und medialen Wandels an den vertrauten Markt- und Machtverhältnissen nichts wesentlich ändern wird, sollte m.E. spätestens jetzt aufhorchen. Wie in dem Beitrag Apple Said to Negotiate Deep Payments Discounts from Big Banks berichtet wird, hat Apple mit fünf der größten amerikanischen Finanzinstitute, darunter American Express, J.P. Morgan Chase, Citigroup, Capital One und Bank of America, Sonderkonditionen bei den Gebühren für die Zahlungsabwicklung (card transaction fees) ausgehandelt. Bisher konnte nur ein Unternehmen vergleichbare Konditionen mit den Banken vereinbaren, und zwar der weltgrößte Einzelhändler Wal Mart.
Mit 800 Millionen Kundenkonten und entsprechenden Umsätzen verfügt Apple über eine komfortable Verhandlungsposition. Die Banken (Issuer) haben ein großes Interesse, an die neue, mit dem iPhone 6 lancierte Mobile Payments-Plattform von Beginn an angeschlossen zu werden. Apple konnte die Banken davon überzeugen, seine Transaktionen unter die Kategorie der “card present” einzuordnen, für die ein geringerer Risikoaufschlag für Betrug berechnet wird als bei Zahlungen, die unter die Kategorie “card not present” fallen. Für die Transaktionen der ohnehin schon günstigeren Kategorie “card present” erhält Apple Sonderkonditionen. Im Gegenzug übernimmt Apple die Authentifizierung, das Risikomanagement mittels seiner auf biometrischen Verfahren beruhenden Lösung (fingerprint) TouchID.
Darin muss man nicht zwangsläufig ein Signal für ein Machtbeben im Banking erkennen, lässt sich doch das Argument vorbringen, dass es den Banken gelungen ist, ein Teil des Risikos auf Apple abzuwälzen und dafür einen Preisnachlass zu gewähren. Ganz abgesehen davon, dass auch dann noch die Konditionsgestaltung für Apple sehr vorteilhaft ist, kann man darin aber auch einen weiteren Schritt in Richtung Disintermediation erkennen. Fragen der Sicherheit waren bisher immer ein Pfund, mit dem die Banken wuchern konnten. Wenn die Banken auch hier langsam Aufgaben, Kompetenzen abgeben, die bisher weitgehend in ihre Zuständigkeit fielen, bleibt irgendwann nur noch der Rückzug ins Back End, in die reine Transaktionsverarbeitung. Und sofern sich dann noch digitale bzw. virtuelle Währungen durchsetzen sollte, dann …
Aber auch die Kreditkartenunternehmen stehen vor der Frage, ob die iWallet-Lösung von Apple, so sie denn kommt, ihre Dienstleistungen über kurz oder lang obsolet macht, wie aus dem Beitrag How the Next iPhone Could Finally Kill the Credit Card hervorgeht.
Wenngleich es sicher richtig ist, in den Deal von Apple nicht allzu viel hinein zu interpretieren, so führt dennoch kein Weg an der Tatsache vorbei, dass auf die Banken in einem ihrer profitabelsten Geschäftsbereiche, der Transaktionsabwicklung, harte Zeiten zukommen, wie Jamie Dimon von JP Morgan Chase bereits vor einiger Zeit zu bedenken gab. Wenn schon Banken wie Citigroup, J.P. Morgan Chase und Bank of America bereit sind, Apple Sonderkonditionen einzuräumen, u.a. aus dem Grund, an dem Apple-Ökosystem partizipieren zu können, dann handelt es sich m.E. schon um ein Machtbeben, dem noch weitere, nicht nur von Apple initiierte, folgen werden.
Weitere Informationen:
Apple Has Reportedly Forced Banks To Stop “Taxing” Mobile Payments
Visa, MasterCard in Talks with Mobile Wallets for ‘Cardholder Present’ Rate
Apple Pay – Banken zahlen Gebühren an Apple
Apple Pay gets a cut of debit card (not just credit card) purchases, analyst says