Immer mehr Volksbanken hierzulande streben zu neuen Ufern. Das eigene Geschäftsgebiet bietet für die Ambitionen einer ländlichen Genossenschaftsbank anscheinend nicht mehr genügend Herausforderungen. Das dachte sie zuletzt wohl auch die VR Memmingen, die dem Signa-Konzern einen Kredit in Höhe von 60 Mio. Euro zu gewährte[1]Die VR-Bank Memmingen und Signa.
Die Vereinigte Volksbank Rheinheim in der Nähe von Darmstadt, die mit einer Bilanzsumme von 4,2 Mrd. Euro schon zu den größeren Genossenschaftsbanken zählt, hat dem auf Buy Now Pay (BNPL) für Firmenkunden (B2B) spezialisierten Fintech-Startup Mondu vor wenigen Tagen die Kreditlinie bzw. das Gesamtdarlehen um 30 Mio. Euro auf 50 Mio. Euro erhöht[2]Zahlungsverkehr: Berliner Fintech Mondu leiht sich 50 Millionen Euro von einer Volksbank.
Das Startup beschäftigte laut Unternehmensregister im Jahr 2021 6 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und erwirtschaftete in demselben Jahr einen Jahresfehlbetrag von 1,16 Mio. Euro. Allerdings betrug die Kapitalrücklage zum 31.12.2021 9,9 Mio. Euro. Die Verbindlichkeiten lagen bei ca. 550.000 Euro.
Im B2C-Sektor ist BNPL umstritten. Die Bank für Internationalen Zahlungsverkehr kam im Dezember vergangenen Jahres zu dem Befund:
Die wichtigsten Ergebnisse sind die folgenden. Erstens zahlen die Händler hohe Gebühren, um das Kreditrisiko auf die Plattformen zu übertragen und den Kundenstamm zu erweitern. BNPL-Programme sind auch für Verbraucher ohne Kredithistorie oder stabiles Einkommen zugänglich und wirken sich in der Regel nicht auf ihre Kreditwürdigkeit aus. Da die Plattformen in erster Linie auf Gebühreneinnahmen angewiesen sind, stehen sie aufgrund hoher Betriebskosten und steigender Kreditausfälle vor Rentabilitätsproblemen. Zweitens haben die Nutzer von BNPL in der Regel ein riskanteres Kreditprofil als die Nutzer herkömmlicher Verbraucherkreditprodukte. BNPL-Nutzer sind in der Regel jünger, haben einen geringeren Bildungsstand, eine höhere Schuldenlast und niedrigere Kreditwürdigkeitswerte. Dementsprechend sind die Zahlungsverzögerungen und Verluste bei BNPL in den Vereinigten Staaten höher als im Falle von Kreditkarten.
Einige große Anbieter, wie Klarna, mussten in der jüngeren Vergangenheit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen. Auch im B2B-Geschäft dürften viele Unternehmenskunden aus einer ähnlichen Motivation zu BNPL-Angeboten greifen, wie im B2C-Geschäft, d.h. von dem Service machen überwiegend Unternehmen mit schwacher Bonität Gebrauch[3]Buy now, pay later: a cross-country analysis.
Bei Mondu ist man dagegen davon überzeugt, dass sich die BNPL-Geschäftsmodelle im B2C und B2B grundsätzlich voneinander unterscheiden[4]BNPL in B2B e‑commerce: Debt trap or growth engine?:
Der Einkaufsprozess im B2B-Bereich unterscheidet sich deutlich von privaten Einkäufen. Mehrere Personen in einem Unternehmen planen und entscheiden über Kaufentscheidungen, in der Regel über einen langen Zeitraum. Erst wenn die Entscheidungsträger das Budget genehmigen, geben die Verantwortlichen eine Bestellung auf. Spontankäufe, die ein Budget überschreiten, sind daher äußerst selten. Neben dem Kaufprozess ist auch die Kaufabsicht im B2B-Bereich anders. Typischerweise muss alles, was gekauft wird, dem allgemeinen Interesse des Unternehmens dienen und nicht nur dem Impuls einer einzelnen Person. BNPL-Lösungen werden insbesondere für Anschaffungen verwendet, die für den Erfolg eines Unternehmens unerlässlich sind – sei es, um das Tagesgeschäft aufrechtzuerhalten oder Wachstum zu ermöglichen.
Kurzum:
Mit einem BNPL-Anbieter können Rechnungs- und Ratenkäufe nahtlos und effizient abgewickelt werden, die Waren sind schneller versandbereit und die Unternehmen können rechtzeitig Einnahmen erzielen. Die Zahlungsoption, die Zahlungsfrist und die Art der Rechnungsbegleichung können flexibel gewählt werden, was die E‑Commerce-Einkaufserfahrung der B2B-Käufer verbessert.
Letztendlich geht es um Risikomanagement. Mit BNPL verschwindet das Risiko nicht. Einkauf auf Pump ist für Unternehmen und Privatpersonen nur bedingt nachhaltig. Auch Unternehmen handeln nicht selten impulsgesteuert. Die Zahlungsmoral der Unternehmen ist in den letzten Jahren jedenfalls gesunken[5]Zahlungsverzug bekämpfen – aber nicht so, die Zahl der Insolvenzen steigt wieder[6]Starker Anstieg bei Insolvenzen. Da hilft auch die beste Customer Journey nur wenig.
Aber womöglich weiß man in Rheinheim mehr …
References