Von Ralf Keuper
Die heutige Meldung, wonach Daimler, Axel Springer, Deutsche Bank und weitere Unternehmen eine gemeinsame branchenübergreifende Datenplattform aufbauen wollen, hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Zum Leistungsumfang heisst es:
Die Plattform der Unternehmen Daimler, Allianz, Axel Springer und Co. soll nun eine Antwort auf all diese Anmeldeprozesse liefern, die von amerikanischen Unternehmen wie Google oder Facebook mittlerweile weltweit etabliert sind. Zudem betonen sie, bei dieser Plattform “höchste Standards bei Datensicherheit und Datenschutz gewährleisten” zu wollen.
Im Zentrum steht ein sog. Generalschlüssel, der, wenn ich es richtig verstehe, die Funktion einer Trusted ID übernimmt:
Kern des geplanten einheitlichen Zugangs für Online-Angebote wird ein sogenannter Generalschlüssel sein. Diesen können Kunden branchenübergreifend verwenden, um sich bei anmeldepflichtigen Webseiten zu registrieren und zu identifizieren. Die Plattform soll den Nutzern mehr Komfort und auch mehr Datensicherheit und Datenschutz bieten. Sie soll das reformierte EU-Datenschutzrecht berücksichtigen sowie auch die eIDAS-Verordnung, die die Vertrauensdienste der Online-Ausweisfunktion reguliert.
Das wäre der bislang größte Business Case für den nPA (Vgl. dazu: Das noch ungenutzte Potenzial des Neuen Personalausweises (nPA))
Dass die Etablierung kollaborativ betriebener Datenplattformen im Banking sinnvoll ist, war auf diesem Blog bereits häufiger ein Thema, wie in:
- Data Hubs für das Banking
- New Banking: Kollaborativ betriebene Data Center als Antwort auf die Informationsexplosion?
Kollaborativ betriebene Datenplattformen erleben momentan einen Boom. Vor wenigen Monaten lancierte der Handelskonzern Metro die erste branchenübergreifende Datenvermarktungsplattform in Deutschland. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass die Deutsche Automobilindustrie eine gemeinsame Datenplattform etablieren will.
Auf einem neutralen Server sollen Daten auch Dritten zur Verfügung gestellt werden, die dazu in fünf Kategorien klassifiziert werden – wie Daten zur Verkehrssicherheit, Daten zur technischen Produktbeobachtung oder persönliche Daten des Nutzers bzw. Fahrers. Keinesfalls ist es beabsichtigt, die Daten für Werbezwecke zu verkaufen (Eigenzitat)
Von einem anderen Projekt berichtet Silicon.de. Dabei handelt es sich um das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt SeDaFa (Selbstdatenschutz im vernetzten Fahrzeug). Zur Motivation:
Auch aus Sicht der Fahrzeughersteller ist die Übertragung von Daten auch aus technischen Gründen inzwischen unverzichtbar um die Zuverlässigkeit zu verbessern, Verschleiß frühzeitig zu erkennen und Wartung kundenfreundlich zu planen. Und für Autobesitzer kann der Datenaustausch mit ihrer Versicherung, mit der Werkstatt oder Dienstleistern durchaus vorteilhaft sein – sofern sie die Kontrolle darüber behalten, was für Daten da ausgetauscht werden.
In der Logistikbranche gilt MAN mit seiner Datenplattform Rio als Vorreiter. Die Plattform ist markenunabhängig ausgelegt:
Einbezogen werden sollen alle Beteiligten der Liefer- und Logistikkette; vom Versender, über das Transportunternehmen, Verlader, Disponenten, Fahrer und Empfänger. Partner zum Start des Projekts sind der Autozulieferer Continental, die führenden Anhänger- und Aufliegerproduzenten Schmitz-Cargobull, Krone und Meiller, Tom Tom als Navigationsspezialist, Microlise, Telogis und Idem als Lösungspartner und Start-ups wie der Parkassistent Parkhere und der Verladungsoptimierer Loadfox. Mittendrin steht MAN.
Auch der Maschinenbau ist nicht untätig. Bereits vor einiger Zeit wurde der Industrial Data Space aus der Taufe gehoben, dessen Ziel es ist, den sicheren Datenaustausch zu fördern und die Datenhoheit der Unternehmen zu gewährleisten. Unlängst wurde vom VDMA eine gemeinsame Schnittstelle für die M2M-Kommunikation kreiert.
Mit anderen Worten: Der Wettlauf um die Daten ist im vollen Gange, um den Vorsprung von Amazon, Google & Co nicht noch größer werden zu lassen und so weit wie möglich aufzuholen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Datenplattformen, die der Vermarktung dienen, wie der von der Metro und Emetriq der Telekom, und Plattformen, die den branchenübergreifenden Datenaustausch befördern wollen. Langsam wird es unübersichtlich. Selbst die Plattform von Daimler, Deutsche Bank & Co. ist angesichts dessen eine Insellösung. Amazon, Google & Co. haben den Startvorteil, dass sie sich eigentlich nur mit sich selbst abstimmen müssen und somit über deutlich kürzere Entscheidungswege verfügen. In den Disziplinen Logistik, Datenbeschaffung – und Auswertung, Hardware (Smartphone) und Kommunikationskanäle (Soziale Netzwerke) sind sie momentan kaum zu schlagen.
Mal schauen, ob die Wiederbelebung der Deutschland AG als Datenplattform die Erwartungen erfüllt.
Eine Schlüsselstellung erhält in den Modellen die Digitale Identität der Nutzer und ihrer technischen Objekte. In der Summe läuft das m.E. auf die Identity Economy hinaus (Vgl. dazu: Banking in der Identity Economy). Hier müssen sich die Banken positionieren. Ein Mittel dazu ist die Personal Data Bank (Vgl. dazu: Banken für digitale Ethik – Personal Data Banks).
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