Von Ralf Keuper
Keine Frage: Der Begriff Fintech hat in den letzten Jahren eine Popularität erlangt, die schon erstaunlich ist. Darüber hinaus hat es Fintech geschafft, die Sprache in gewisser Weise zu digitalisieren, wie Jürg Müller in Der Siegeszug des «tech»-Anhängsels, nicht ohne Anerkennung, schreibt. Dennoch: Fintech an sich ist ein Übergangsphänomen, ein Übergangsstil. Es fehlt die durchbildende Kraft, eine eigene Industrie etablieren zu können, wie u.a. Peter Grosskopf in einem Interview mit Dataconomy sagt. Fintech fiel nicht vom Himmel.
Die Teile müssen irgendwann integriert, zusammengefasst werden, um ihre Wirkung entfalten zu können. Das geht deutlich über das viel zitierte Rebundling hinaus. Die betriebswirtschaftliche Logik lässt sich auf Dauer auch mit noch so viel Technologie, der schönsten Customer Journey und Apps nicht aushebeln. Eine gewisse Mindestgröße muss gegeben sein, um dauerhaft Erfolg zu haben. Dazu kann der Netzwerkeffekt beitragen, d.h. das Zusammengehen mehrerer Fintech-Startups in einem losen Verbund. Erfolgsversprechender wäre die Bildung einer gemeinsamen Plattform, um die nötige Schlagkraft zu erreichen. Diese Plattform sollte auf keinen Fall nur aus Fintech-Startups bestehen, sondern eine hohe Diversität haben, d.h. auch Unternehmen/Startups anderer Branchen, wie IoT, 3D-Druck, E‑Commerce oder Digital Media, müssen andocken.
Die Plattformökonomie macht auch vor Fintech keinen Halt. Das Label Fintech verliert irgendwann seine Strahlkraft.
Es bleibt abzuwarten, ob Fintech eine ähnliche Bedeutung erlangen kann, wie die Nachrichtentechnik, die in gewisser Weise die “Mutter” der Digitalisierung ist. Die Funk- und Nachrichtentechnik hat sich als Begriff etabliert; allerdings Unternehmen, die sich allein auf das Label Nachrichtentechnik verlassen haben, gab und gibt es nicht. Da musste noch etwas mehr dazu kommen, wie seinerzeit bei Telefunken oder Siemens.
Fintech ist das Mittel, aber nicht der Zweck.