Von Ralf Keuper

In der Indus­trie sind Digi­ta­le Zwil­lin­ge, d.h. digi­ta­le Abbil­der von Maschi­nen, Kom­po­nen­ten oder Pro­zes­sen, schon recht weit ver­brei­tet. Mitt­ler­wei­le häu­fen sich die Emp­feh­lun­gen, haupt­säch­lich von Bera­tern, das Kon­zept der digi­ta­len Zwil­lin­ge auf Per­so­nen aus­zu­deh­nen. Bei­spiel­haft dafür sind:

Digi­tal twins: Manu­fac­tu­ring embra­ced them, Will banks fol­low suit?

Digi­tal twins bey­ond the industrials

Dis­rupt­ing the finan­cial and ban­king ser­vices using digi­tal twins

Im Prin­zip geht es dabei dar­um, den Kun­den einen digi­ta­len Zwil­ling zur Sei­te zu stel­len. Die­ses Digi­ta­le Dou­ble erfasst die Inter­ak­ti­on der Kun­den mit ihren diver­sen Gerä­ten sowie ihr Aus­ga­be­ver­hal­ten. Mit­tels der Ver­fah­ren der Künst­li­chen Intel­li­genz und Big Data, so die Hoff­nung, lässt sich damit ein rea­li­täts­na­hes Bild des jewei­li­gen Kun­den erzeu­gen. Auf Basis der Daten bzw. des Zwil­lings kön­nen, wie in der Indus­trie, Simu­la­tio­nen durch­ge­führt wer­den im Sin­ne von: Was wäre, wenn? – um so zusätz­li­chen Bera­tungs- und Finan­zie­rungs­be­darf früh­zei­tig zu erken­nen – also in etwa das, was in der Indus­trie als Pre­dic­ti­ve Main­ten­an­ce bekannt ist.

Ob die­se Idee tat­säch­lich so revo­lu­tio­när und kun­den­freund­lich (vom Daten­schutz ganz zu schwei­gen) ist, sei dahin gestellt. Im Grun­de wird die­ses Ver­fah­ren in der Pra­xis schon längst ver­wen­det, wie in Gestalt von Iden­ti­ty Graphs, Schat­ten­pro­fi­len und Social Graphs wie bei face­book. Ganz abge­se­hen davon stellt sich die Fra­ge, wie die Ban­ken über­haupt an die ent­spre­chen­den Daten her­an­kom­men wol­len – wie soll der Zugriff auf die Gerä­te­da­ten, wie dem Smart­phone, gere­gelt wer­den? Was sagen die Her­stel­ler dazu? Ganz so ein­fach, wie die Model­le sug­ge­rie­ren, wird es nicht. Auf die­sem Gebiet wird für die Ban­ken kaum ein Weg an Apple, Goog­le, Sam­sung, Micro­soft oder den Her­stel­lern von Indus­trie­gü­tern vor­bei füh­ren. Die­se kön­nen die Daten auch sel­ber auf­be­rei­ten und den Kun­den direkt zur Ver­fü­gung stel­len. Dafür braucht es kei­nen Ver­mitt­ler wie eine Bank.

Solan­ge die Ban­ken nicht in irgend­ei­ner Form Zugang zu der Quel­le und damit den Her­stel­lern fin­den und ihren Mehr­wert nicht glaub­haft ver­mit­teln kön­nen, wird es schwie­rig, digi­ta­le Zwil­lin­ge für die Kun­den­bin­dung und die Gene­rie­rung von Neu­ge­schäft zu ver­wen­den. Hier befin­den sich die her­stel­ler­ab­hän­gi­gen sowie die her­stel­ler­un­ab­hän­gi­gen Indus­trie­fi­nan­zie­rer in einer deut­lich bes­se­ren Posi­ti­on (Vgl. dazu: Der lei­se Antrieb der Auto­in­dus­trie & Die Indus­trie grün­det ihre eige­nen Ban­ken). Das gro­ße zusam­men­hän­gen­de Bild über alle digi­ta­len Zwil­lin­ge, mit denen der digi­ta­le Zwil­ling Kun­de inter­agiert und kom­mu­ni­ziert wer­den, wenn über­haupt, nur ganz weni­ge Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men und weni­ger die Ban­ken erzeu­gen kön­nen. Zudem stellt sich die Fra­ge, ob sich das mensch­li­che Ver­hal­ten, noch dazu in Ver­bin­dung mit Gerä­ten, so ein­fach vor­her­sa­gen lässt. Zwei­fel sind angebracht.

Wo Ban­ken ihre Exper­ti­se glaub­haft ein­brin­gen kön­nen, ist im Bereich Cyber­se­cu­ri­ty. Wenn die Kun­den und Her­stel­ler bereit sind, ihre Daten Ban­ken oder bank­ähn­li­chen Insti­tu­tio­nen für Ana­ly­se-und Simu­la­ti­ons­zwe­cke (Risi­ko­ma­nage­ment) zur Ver­fü­gung zu stel­len, dann bie­tet sich hier ein lukra­ti­ves Geschäft.

Zuerst erschie­nen auf Ban­king On Things