Von Ralf Keuper

Die Ban­ken machen der­zeit die Erfah­rung, in ihrem Stamm­ge­schäft von ver­schie­de­nen Akteu­ren umzin­gelt zu wer­den. Eine beson­de­re Rol­le spie­len dabei die digi­ta­len Platt­for­men oder digi­ta­len Öko­sys­te­me wie Goog­le, Ama­zon, Ali­baba, Apple, face­book und Micro­soft. Hin­zu kom­men noch diver­se Fintechs, die sich bis­lang auf bestimm­te Tei­le der Wert­schöp­fungs­ket­te im Ban­king kon­zen­trie­ren, wie Stri­pe. Pay­Pal ist eben­falls dabei, sei­nen Akti­ons­ra­di­us auszudehnen. 

Die Stra­te­gie der Tech­no­lo­gie­kon­zer­ne könn­te man als “Kap­ti­vie­rung” bezeich­nen, d.h. die Ban­ken und deren Kun­den wer­den in eine Abhän­gig­keit getrie­ben, aus der sie sich irgend­wann nicht mehr befrei­en kön­nen. Die­se Form der Kun­den­bin­dung war bis­lang eigent­lich nur im IT-Sek­tor verbreitet: 

Für Her­stel­ler mit einer gro­ßen instal­lier­ten Basis bezie­hungs­wei­se vie­len abge­setz­ten Pro­duk­ten ist das Ser­vice­ge­schäft die sichers­te und lukra­tivs­te Ein­nah­me­quel­le. Solan­ge es auf ein­zel­ne Pro­duk­te beschränkt bleibt, han­delt es sich um eine nor­ma­le Kun­den­bin­dung. Wei­tet sich das Spek­trum der ange­bo­te­nen Pro­duk­te oder Leis­tun­gen eines Anbie­ters durch Zukäu­fe aus, wach­sen die Mög­lich­kei­ten der Bin­dung mit. Die zuneh­men­de Bedeu­tung von Soft­ware und die star­ke Ver­net­zung ver­stärkt die Abhän­gig­keit vom Lie­fe­ran­ten (in: Mana­ge­ris­mus. Unter­neh­mens­füh­rung in der Not, von Man­fred Hoefle). 

Nur sind heu­te die Lie­fe­ran­ten gleich­zei­tig Mit­be­wer­ber der Ban­ken. Im Cloud-Geschäft kom­men die Ban­ken kaum noch an Ama­zon, Goog­le und Micro­soft vor­bei, die wie­der­um sel­ber ihre Akti­vi­tä­ten im Bank­ge­schäft ver­stär­ken (Vgl. dazu: Ban­king zwi­schen Cloud und Edge).

Am Ende der beschrie­be­nen Ent­wick­lung steht die “Kap­ti­vie­rung der Kun­den” und damit der Ver­lust des Stammgeschäfts:

Ver­gleich­bar ist die­se Ent­wick­lung mit der im Ölge­schäft vor 100 Jah­ren, jetzt aber in einem glo­ba­len Aus­maß. Für die weni­gen Anbie­ter ent­steht eine kom­for­ta­ble Situa­ti­on: Kun­den ver­lie­ren immer mehr die Mög­lich­keit, den Lie­fe­ran­ten zu wech­seln, Lie­fe­ran­ten erhal­ten einen immer bes­se­ren Ein­blick in die Pro­zes­se und Pro­jek­te von Kun­den. Das Ziel – nicht das Abfall­pro­dukt – die­ser Ver­schie­bung von Ein­fluss und Abhän­gig­keit sind soli­de Gewinn­bei­trä­ge der “kap­ti­vier­ten Kunden”.