Von Ralf Keuper
Die gescheiterte Fusion zwischen der Deutschen Börse und der London Stock Exchange hinterlässt bei vielen Beobachtern Fragezeichen, wie bei Prof. Dr. Michael Schlander in seinem Leserbrief Gescheiterte Börsenfusion in der FAZ (Briefe an die Herausgeber) vom 11.04.2017. Darin zieht er eine ernüchternde Bilanz:
.., neben Kosten für Berater in Höhe von 150 Millionen Euro wurde Managementkapazität für beinahe zwei Jahre gebunden; als Reaktion wird ein Sparprogramm mit zweistelligem Millionenumfang diskutiert. Dem stehen Bezüge in rekordverdächtiger Höhe gegenüber.
Das ist jedoch nicht alles, was bei Schlander einige Irritation auslöst. Die gescheiterte Fusion, und hier vor allem die Rolle der hessischen Landesregierung sowie der Bundesregierung, bilde einen deutlichen Widerspruch zu dem in letzter Zeit häufig in verschiedenen Reden und Veranstaltungen zu hörenden Hinweis auf die Bedeutung der Finanzindustrie (Fintech) für den Standort Deutschland, insbesondere Frankfurt.
Wenn, so möchte ich hinzufügen, die Verlagerung eines Herzstücks der deutschen Finanzbranche seitens der Politik mit stoischer Gelassenheit quittiert wird, dann fragt man sich, was wohl passiert, sollten sich weitere Abwanderungen ereignen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass man ausgerechnet am Standort Frankfurt, wo man sich als möglicher Profiteur des Brexit sieht, bei dem Abgang eines seiner Flagschiffe nach London relativ entspannt war.
Das verwundert um so mehr, als dass eigentlich von Beginn an klar war, wo in dem neuen Unternehmen die Musik spielen würde. Schlander schreibt:
Vollends unverständlich aber wirkt die (abermals) zutage getretene Myopie maßgeblicher Akteure der DBAG bezüglich der Standortfrage. Jenseits aller inhaltlichen Aspekte war die diesbezüglich von Anfang an kompromisslose Position der LSE und der britischen Regierung das beste denkbare Dementi aller Versprechungen, die Entwicklungschancen des deutschen Standorts blieben unbeeinträchtigt.