Von Ralf Keuper
Auf der Suche nach einer neuen Rolle, die die Banken im digitalen Zeitalter einnehmen können, wird häufiger die eines Trusted Advisors erwähnt – quasi die Bank als Berater für nahezu alle Lebenslagen der Kunden.
Als Hauptargument genannt wird dabei der Informationsvorsprung der Banken, der ihnen durch die Transaktionshistorie der Kunden fast nebenbei zufällt. Ein Punkt, auf den aktuell Juan Pedro Moreno in seinem Beitrag Banking at a digital crossroads hinweist.
Der Informationsvorsprung der Banken ist bei weitem nicht mehr so groß, wie viele noch immer anzunehmen scheinen. Telekommunikationsunternehmen, Online-Händler und Mobile-Payments-Anbieter, ganz zu schweigen von Google und facebook, dürften hier inzwischen gleichgezogen haben.
Trotzdem ist der Gedanke m.E. richtig. Moreno führt mehrere Beispiele an, wie die Banken in wichtigen Fragen die Rolle eines Beraters für die Kunden übernehmen können. So könnten Banken, ähnlich wie heute schon Amazon, den Kunden, basierend auf deren Transaktionsverhalten, verschiedene Empfehlungen unterbreiten. Moreno nennt als Beispiele u.a. die spanische BBVA, die australische CBA und die türkische Garanti.
Ähnliche Gedanken zur zukünftigen Rolle der Banken machte sich bereits vor einigen Jahrzehnten Jürgen Ponto. Das neue Rollenbild umschrieb er wie folgt:
Die Banken werden zunehmend die Rolle einer Clearingstelle und Drehscheibe eines auf die praktischen Bedürfnisse der Wirtschaft abgestellten Beratungs- und Informationsflusses zu übernehmen haben. (in: Mut zur Freiheit)
Das erfordert aber auch, dass die Banken diese Rolle glaubhaft ausfüllen und die Kunden objektiv beraten, d.h. auch Produkte und Leistungen zu empfehlen, die nicht aus dem eigenen Haus stammen. Nicht zu unterschätzen ist der Aufwand für den Einstellungs- bzw. Kulturwandel, der nötig ist, wenn eine Bank als Partner der Kunden oder als Trusted Advisor wahrgenommen werden will. Eine andere Konstellation wird sich künftig nicht mehr durchsetzen lassen. Dafür haben sich die Kunden bereits jetzt schon zu sehr emanzipiert.