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Von Ralf Keuper
Nach wie vor ist die Ansicht weit verbreitet, dass die neuen Herausforderer der Banken über kurz oder lang ebenfalls zu einer Bank werden, d.h. sie unterliegen irgendwann denselben regulatorischen Bedingungen wie diese. Mit der Zeit wird der Élan daher nachlassen, und die Realität Einkehr halten, die so aussieht, dass bis zu 90% des IT-Budgets für Wartung, Betrieb und die Umsetzung der vom Gesetzgeber geforderten Bestimmungen (Compliance, Meldewesen) verwendet werden.
Nur haben Google, Apple & Co. überhaupt keinen Anlass, diesen Weg zu wählen und sich damit selbst in Fesseln zu legen. Es ist auch nicht nötig, da die technologische und gesellschaftliche Entwicklung ihrem eigenen Geschäftsmodell entspricht. Der Lauf der Informationsströme, das Kommunikationsverhalten der Kunden wie auch generell die Mediennutzung spielen Anbietern in die Hände, die über eine große Reichweite mit entsprechender Nutzerzahl im Internet verfügen – wie facebook, PayPal, Apple, Alibaba/Alipay, Google, twitter und Amazon. Mit einigen neuen Features oder dem Kauf eines Unternehmens, das im Besitz des fehlenden Know-Hows ist, können die großen Plattformen weite Teile der Kommunikation der Kunden untereinander abdecken, d.h. sie können die Kunden von anderen, nachgelagerten Anbietern weitgehend abschirmen. Im Extremfall würde das bedeuten, dass die Kunden erst dann andere Anbieter aufsuchen, wenn sie ihre Bedürfnisse am Ursprungsort ihrer Reise nicht befriedigen können. Dieser Anteil dürfte in den kommenden Jahren immer geringer werden. Jeder Anbieter wird versuchen, die Besucher, Kunden so lange wie möglich auf seiner Plattform durch zusätzliche Angebote und Informationen zu halten.
Die neuen Herausforderer werden die Banken einfach umgehen, statt die direkte Konfrontation zu suchen. Sie lenken die Informationsströme an ihnen vorbei bzw. verstärken deren natürlichen Lauf. Bildlich gesprochen: Sie verbreitern und vertiefen den Fluss. Gleichzeitig leiten sie ihn an den Banken vorbei. Irgendwann sitzen die Geldhäuser auf dem Trockenen.
Oder, wie es Edmund Ingham in Did Bankers And Lawyers Make FinTech The Darling Of London’s Startup Scene? plakativ am Beispiel der FinTech-Startups beschreibt:
It is doing its own thing, chipping away at banks market share one step at a time, like all good disruptive start-ups should. To paraphrase a colloquialism, it is still outside the tent, micturating in.
Angesichts dieses, zugegebenermaßen, recht düsteren Szenarios stellt sich die Frage, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit für die Banken gibt, ihre Stellung im Wirtschaftskreislauf, wenn auch mit Abstrichen, zu behaupten. Eine Antwort liefert Robert Mangelmann in seiner ausgesprochen informativen Präsentation Digital Finance: Banken auf dem Weg zum Digital Leader.
Bei Licht betrachtet bekommt die mehr als vierzig Jahre zurückliegende Aussage von Jürgen Ponto, dem damaligen Chef der Dresdner Bank AG, fast schon prophetischen Charakter:
Die Banken werden zunehmend die Rolle einer Clearingstelle und Drehscheibe eines auf die praktischen Bedürfnisse der Wirtschaft abgestellten Beratungs- und Informationsflusses zu übernehmen haben. … (in: Mut zur Freiheit)
Weitere Informationen:
Banken: Mittels digitaler Transformation die “Welt von Gestern” konservieren?
Banking als Teil des Medienwandels