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Von Ralf Keuper
Wer die Bilanzveröffentlichungen verschiedener Banken der letzten Zeit verfolgt hat, bekommt schnell den Eindruck, als befände sich die Branche – allen Unkenrufen zum Trotz – auf dem Weg zurück in die guten alten Zeiten vor der Finanzkrise. Weder die Niedrigzinsphase noch die steigenden Aufwendungen für die Umsetzung der diversen regulatorischen Vorgaben konnten das Gewinnwachstum bremsen – so scheint es.
Dass die Ertragssituation nicht ganz so rosig ist, wie sie in den veröffentlichten Zahlen zum Ausdruck kommt, machen H.-R. Dohms und M. Schreiber in der SZ von Ostern 2015 (“Schön gefährlich”) deutlich. So verdanke sich der Gewinn der Commerzbank von 602 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2014 fast ausschließlich der zurückgeschraubten Risikovorsorge um 600 Mio. Euro im selben Jahr. Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Zu ähnlichen Maßnahmen, d.h. zur Rückführung der Risikovorsorge, griffen auch die DZ Bank, die Deutsche Bank, die Hypo-Vereinsbank und die Bayern LB. Während die Hypo-Vereinsbank ihre Risikovorsorge “nur” um ein Drittel reduzierte, fuhr die DZ Bank den Posten um zwei Drittel zurück.
Die Banken begründen die Absenkung der Risikovorsorge damit, dass das Marktumfeld derzeit keine hohen Kreditausfallrisiken berge. Die Konjunktur in Deutschland sei auf hohem Niveau stabil. Dass die Marktlage labiler ist, als in vielen Bankhäusern angenommen wird, zeigte zuletzt die Schieflage der Düsseldorfer Hypothekenbank. Noch immer schlummern in den Bilanzen vieler Banken Altlasten, die ein nicht unerhebliches Risiko darstellen. Hinzu kommen noch Rechtsrisiken sowie weitere, die im Extremfall zu sehr hohen Wertberichtigungen bei einigen deutschen Banken, vor allem der Bayern LB, führen können. Der Ertragslage der Banken dürfte sich noch weiter verschlechtern, wenn die gut verzinsten Kredite auslaufen und die Niedrigzinsphase weiter anhalten sollte.
Insgesamt also verdanken sich die hohen Gewinne vorwiegend der optimistischen Zukunftssicht in den Banketagen, die schnell, wie die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, in Trübsal umschlagen kann, insbesondere dann, wenn der Konjunkturverlauf eine andere Richtung als bisher einschlägt; eine Annahme, die ebenfalls durch die Erfahrung gestützt wird.
Insofern dürfte sich auch dieses Mal bestätigen, was Christian Meier mit Blick auf die Kreditausfälle in der Schweiz in den 1980er und 90er Jahren feststellte. Von besonderer Brisanz ist dabei das “Denken in Sicherheiten”:
Das Gefährliche am “Denken in Sicherheiten” ist darin zu sehen, dass man mit dieser Methode in einer wirtschaftlichen Aufschwungphase recht lange erfolgreich sein kann. Der kurzfristige Erfolg verstärkt sogar noch die Überzeugung, über ein bewährtes Verfahren zu verfügen. Diese Methode funktioniert allerdings in der Mehrzahl der Fälle nur solange gut, als die Deckung nicht verwertet werden muss (in: Lehren auf Verlusten im Kreditgeschäft Schweiz).
Ebenso wie Meier hält auch Dirk Baecker das Denken in Sicherheiten statt in Risiken in den Banken für das eigentliche Problem. Solange sich daran nichts ändert, werden wir auch weiterhin völlig “überraschende” Entwicklungen erleben …