Von Ralf Keuper
Die jüngsten Ereignisse um die ehemals größte Bitcoin-Börse der Welt, Mt. Gox, sind ein erneuter, herber Rückschlag für die Verfechter dieser derzeit verbreitetsten digitalen Währung der Welt.
Einige sprechen von einem Einzelfall – nur war dieser “Einzelfall” im vergangenen Jahr die größte Bitcoin-Börse und bis vor kurzem noch immer eine der weltweit führenden.
Ganz abgesehen von den genauen Hintergründen, die zum (vorläufigen) Verschwinden von Mt. Gox geführt haben, die für mich jedenfalls noch unklar sind, erscheint mir die ideologische Komponente nicht minder interessant zu sein. Einen ersten Eindruck vermittelt der Beitrag The Bitcoin Ideology.
Irgendwie drängt sich die Vermutung auf, dass die Verfechter von Bitcoin, wie überhaupt der digitalen Währungen, damit Heilserwartungen verbinden – quasi Selbstbefreiung durch Technologie. Was auf politischem Weg nicht möglich ist, soll nun mittels Technologie, quasi durch die Hintertür, gelingen. Der Umbau der Gesellschaft, ja der ganzen Weltwirtschaft durch dezentrale Strukturen, die von keinem Akteur oder sonst einer finsteren Macht kontrolliert werden können. Liquid Democracy in Reinform. Medium ist der vermeintlich neutrale Software-Code (Vgl. dazu: Computeranalphabetismus von Friedrich Kittler)
Auf heise.online bringt der Kommentator linsort als Antwort auf einen Beitrag eines anderen Diskussionsteilnehmers (Trulala) das Dilemma – wenn auch in überspitzter, plakativer Form – auf den Punkt:
Wenn das Fiatgeld tatsächlich nichts mehr wert sein sollte – wofür es dutzende Beispiele in den letzten 200 Jahren gibt – was wird dann wohl zählen? Eine virtuelle Währung bei der ich auf eine digitale Infrastruktur angewiesen bin oder Realwerte, wie z. B. Notgeld von Firmen, Edelmetalle oder Land?
Und zum Schluss:
Es ist schlicht ausgeschlossen, dass eine Nerd-Spielerei wie Bitcoin etwas am sozialen Gefüge der Welt ändert.
Ganz gleich, ob und inwieweit man linsort zustimmt, so wird doch deutlich, dass Bitcoin auch als Ideologie zu verstehen ist, und, wie in einer offenen Gesellschaft (Karl Popper) üblich, entsprechender Kritik bedarf.
Weitere Informationen:
Neue Versuchungen der Unfreiheit? – Bitcoin als Ideologie