Von Ralf Keuper
Die Kunden sind es inzwischen gewohnt, einen Großteil ihrer Bankgeschäfte in Form einer Mensch-Maschine-Interaktion abzuwickeln. Das Design der Benutzerschnittstelle, die User Experience sind daher erfolgskritisch, wie u.a. das Aufkommen der Fintech-Startups in den letzten Jahren verdeutlicht. Hauptprofiteure sowie Treiber dieses veränderten Mediennutzungsverhaltens sind jedoch die Internetkonzerne, wie Alibaba mit seiner mobilen Bezahllösung Alipay. Diese wirbt damit, eine globale lifestyle superapp zu sein.
Weite Teile des Banking spielen sich an der (Benutzer-)Oberfläche ab – wichtigstes Medium hierbei ist das Display. In den letzten 20–25 Jahren hat das Display, der Screen unsere Sehgewohnheiten verändert; es ist vieldimensionaler geworden:
Die Kathodenstrahlröhre war lange Zeit die technische Grundlage für den Inbegriff des Bildschirms. Seit den 1990er Jahren hat sich jedoch eine derart dynamische Entwicklung vollzogen, dass kaum vorstellbar ist, wie ein Bildschirmtypus weit über ein halbes Jahrhundert dominieren konnte. Bildschirme, Projektionsflächen, Monitore und elektronische Displays bilden zentrale Vermittlungsinstanzen (Interfaces) der heutigen Lebenswelt und haben sich als Horizont der visuellen Kultur so rasant diversifiziert und aufgefächert, dass jede begriffliche Zusammenfassung notwendig im Unspezifischen verbleibt. Screens sind heute ubiquitär, sodass sich auch ihre Rollen und Funktionsweisen zu einer unübersichtlichen Vielfalt vermehrt haben – allen voran mit PC und Smartphone. Sie sind direkt mit Kameras und Mikrofonen verkoppelt, mit Gesichtserkennungs-Software verschaltet, mit Spielekonsolen oder Bankomaten liiert, in Netzwerke eingelassen und mit Archiven kurzgeschlossen (Quelle: Ursula Frohne, Christian Katti: TV als Passion: Kontrolle, Exzess, Konstrukt, TeleGen – Kunst und Fernsehen, hrsg. von Dieter Daniels und Stephan Berg).
Nach Ansicht der Autoren von DISPLAYING INTERPLAY Entwicklungstrends der Mensch-Maschine-Interaktion hat die Displaytechnologie in den letzten Jahren einen Sprung gemacht, der zu einer
medialen Überformung und Auflösung der klassischen technischen Anzeige hin zur multimedialen Benutzerschnittstelle und schließlich zur interaktiv anmutenden virtuellen Realität
geführt hat.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das Banking?
Das Banking löst sich von seinen althergebrachten Formaten, es wird (noch) multi-medialer. Filialen, Geldausgabeautomaten, Kontoauszugsdrucker ebenso wie das klassische Online-Banking werden aus dem Blickfeld der Kunden verdrängt. Ganz zu schweigen von der Filiale. Momentan kulminiert diese Entwicklung im Smartphone und seinen Apps. Vorstellbar ist, dass sich die Benutzeroberfläche auf weitere Gegenstände und Flächen ausdehnt. Beispielhaft dafür sind Glasoberflächen – wie in dem Unternehmensfilm A Day Made of Glass von Corning:
Banking ist in Anlehnung an Friedrich Kittler Teil eines totalen Medienverbunds auf Digitalbasis geworden. Dieser Medienverbund übernimmt die Rolle des Intermediärs, wobei Geld nur ein Medium von vielen ist. Die Banken verlieren damit eine wichtige Funktion. Sie müssen sich von einigen tradierten Vorstellungen und Rollenmodellen lösen, wenn sie künftig als Clearingstelle, Aggregatoren für die Informationsflüsse der Wirtschaft noch relevant sein wollen.