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Von Ralf Keuper
Die Liste der verpassten Chancen der Banken ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Das vorläufig letzte Kapitel trägt die Überschrift Mobile und Online Payments. Ein weiteres Kapitel, das damit im Zusammenhang steht, lautet B2B-Plattformen.
Der Handel, sowohl zwischen Unternehmen (B2B) wie auch der Unternehmen mit den Endkunden (B2C), wird im großem Umfang über Plattformen im Internet abgewickelt. Die bekannteste ist inzwischen wohl Amazon Marketplace. Im Jahr 2013 haben Händler über Amazon Marketplace mehr als eine Milliarde Artikel verkauft. Viele der Händler nahmen dabei auch den Logistik-Service “Versand durch Amazon” in Anspruch. Wie lukrativ das Geschäft für Amazon und die Händler mittlerweile ist, zeigt u.a. der Beitrag Externe Händler erlösen über den Amazon Marketplace in Deutschland geschätzt $10.5 – 12.6 Mrd. in 2014.
Ein weiteres Schwergewicht ist Alibaba. Im Juni gab Alibaba den Launch seiner B2B-Plattform namens TFC in Indien bekannt, um die dortigen kleinen und mittelständischen Betriebe zu erreichen.
Bhushan Patil, channels director von Alibaba Indien, wird dabei mit den Worten zitiert:
With the TFC, Alibaba.com will be able to offer Indian SMEs convenient access to various financing, credit and logistic services provided by collaborative partners like MYPACCO, allowing the SMEs to expand their businesses throughout India and beyond
Das zeigt, wohin die Reise geht bzw. wie der Stand heute ist. Über die B2B-Plattformen eröffnen sich den Betreibern weitere Möglichkeiten, von der Logistik bis zur Finanzierung. Eine Bank kommt in diesem Szenario, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen vor. Die Finanzierung kann Alibaba über seinen Finanzarm Ant Financials selber stemmen.
Es ist nicht so, als hätten die Banken das Potenzial nicht erkannt. Im Jahr 2002 brachte die Bank of Montréal eine eigene B2B-Plattform, BMO Flexport, auf den Markt. Zum Leistungsumfang der Plattform hieß es seinerzeit:
The platform combines electronic purchase and payment instructions, such as order delivery, acknowledgement and shipping notification, multiple payment methods and advanced reporting. In addition, BMO FlexPort also electronically maps back to suppliers’ ERP (enterprise resource planning) systems.
Ebenfalls im Jahr 2002 gab die Bank of America die Kooperation mit Ariba bekannt, um einen Bank of America Marketplace aufzubauen.
Zu den Zielen:
Bank of America said the marketplace’s services would include electronic invoicing, extensive payments capabilities and a foreign money exchange. The alliance will gather Bank of America’s roughly $7 billion in yearly worldwide purchasing from outside suppliers and streamline the bank’s procurement process, the companies said.
Die erste Zusammenarbeit startete bereits im Jahr 2000.
Irgendwie hat man in den Banken irgendwann den Anschluss verpasst. Heute weiten die Digitalen Ökosysteme wie Apple, Amazon, Alibaba und Samsung ihren Macht- und Einflussbereich aus. Neben Logistik bieten sie die nötige Hardware, Software, Content und online-Zahlungsverfahren bis hin zur (Zwischen-) Finanzierung an. Die Daten, die ihnen auf ihren Plattformen wie von selbst zufallen, können sie wiederum dafür verwenden, ihre Angebote auszudehnen und neue Geschäftsmodelle zu implementieren; Daten, zu denen die Banken keinen Zugang mehr haben. Stattdessen hört man noch immer das Mantra, die Banken würden über einen enormen Schatz an Daten verfügen, den sie nur noch mittels Big Data zu heben bräuchten. Das ist nicht einmal mehr die halbe Miete.
Die Musik spielt woanders.
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte sind die Banken nicht mehr prominent im Wirtschafts- und Informationskreislauf vertreten. Ohne, dass es ihnen bewusst ist, haben sie ihre Schlüsselstellung verloren. Das lässt sich mit noch so viel Fintech und/oder mit der Blockchain nicht mehr korrigieren.
Diese Messe ist bereits gelesen …
Weitere Informationen:
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