Von Ralf Keuper
Als Wirecard in den DAX aufgenommen wurde und die Commerzbank dafür ihren Platz räumen musste, war das für viele Protagonisten der hiesigen Fintech-Szene das Signal für eine Wachablösung, eine Zeitenwende[1]Anmerkungen zu Wirecard.
Das dürfte sich mit Blick auf die jüngsten Ereignisse um Wirecard erst einmal erledigt haben[2]Wirecard-Aktie stürzt dramatisch ab. Die Fintech-Community, ansonsten gerne in vorderster Reihe dabei, wenn es darum geht, den Banken Fehlverhalten und Rückständigkeit nachzuweisen, gibt sich bei Wirecard ausgesprochen fehlertolerant; auch selektive Wahrnehmung genannt. Was nicht zur Geschichte passte, wurde ausgeblendet.
Einige hatten vermutet, dass da eigentlich nichts Negatives mehr kommen kann[3]„Es würde mich wundern, wenn bei Wirecard noch krasse Themen hochkommen“ – Payment-Experte Marcus Mosen im FinanceFWD-Podcast.
Indes: Es war zu schön, um wahr zu sein.
Eigentlich nichts Neues. Sind Unternehmen erst einmal erfolgreich, dann geschieht es schnell, dass dafür besondere Eigenschaften, entweder des Unternehmens selbst oder seiner Führungskräfte, verantwortlich gemacht werden[4]Markus Braun von Wirecard. Ein stiller Eroberer. Wenn es dann auf einmal nicht mehr so rund läuft, dreht sich der Wind und die Geschichte wird angepasst:
Phil Rosenzweig gab diesem Phänomen den Namen “Halo-Effekt”:
Häufig werden Ursache und Wirkung verwechselt. Dass eine herausragende Unternehmensperformance fast immer automatisch mit einer klaren Strategie, offener Kommunikation, gemeinsam Werten, Innovationskraft usw. attribuiert wird, ist nicht überraschend. Ungewöhnlich ist dagegen der schlagartige Stimmungswechsel bei den Kommentatoren, die über ein Unternehmen, das sie noch im Jahr zuvor wegen seiner herausragenden Führung, Produkte und Kultur gelobt haben, bei nachlassender Performance auf einmal das genaue Gegenteil schreiben (in: Der Halo-Effekt. Wie Manager sich täuschen lassen)
Dann bis zur nächsten Erfolgsstory.
References