Von Ralf Keuper

Die fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung in Wirt­schaft und Gesell­schaft scheint die The­se des Medi­en­theo­re­ti­kers Mar­shall McLuhan ein­drucks­voll zu bestä­ti­gen, wonach die neu­en Tech­no­lo­gien Aus­wei­tun­gen unse­rer Kör­per­or­ga­ne wie auch unse­res Ner­ven­sys­tems sind. Ein Blick auf die neu­es­ten Trends wie Aug­men­ted Rea­li­ty, Cogni­ti­ve Com­pu­ting und Weara­bles lie­fert hier­für wei­te­re Belege.

Wie die Geschich­te lehrt, so McLuhan, habe die Ein­füh­rung neu­er Tech­no­lo­gien bzw. Medi­en wie der Buch­druck zu einer Zunah­me von Macht und Geschwin­dig­keit geführt:

Zu gesell­schaft­li­chen Umgrup­pie­run­gen und zur Bil­dung neu­er Gemein­schaf­ten  kommt es bei grö­ße­rer Geschwin­dig­keit der Infor­ma­ti­ons­be­we­gung mit­tels Bot­schaf­ten auf Papier und Trans­port auf der Stra­ße. Eine sol­che Geschwin­dig­keits­zu­nah­me bedeu­tet wesent­lich grö­ße­re Kon­trol­le über viel grö­ße­re Ent­fer­nun­gen. (in: Die magi­schen Kanäle)

Die Ein­füh­rung neu­er Ver­fah­ren der Infor­ma­ti­ons­über­mitt­lung, deren aktu­ells­te Vari­an­te das Inter­net ist, führt zu einer Machtverschiebung:

Man kann also mit Recht vor­aus­sa­gen, dass jede neue Form der Infor­ma­ti­ons­über­mitt­lung Macht­ge­bil­de jeder Art ver­än­dern wird. Solan­ge die­se neue Form der Über­mitt­lung über­all und jeder­zeit zur Ver­fü­gung steht, besteht die Mög­lich­keit, dass die Struk­tur ohne Betriebs­stö­rung ver­än­dert wer­den kann. Dort, wo aber grö­ße­re Dis­kre­pan­zen in der Geschwin­dig­keit der Bewe­gung bestehen, wie etwa zwi­schen Luft- und Stra­ßen­ver­kehr oder zwi­schen Tele­fon und Schreib­ma­schi­ne, kommt es zu erns­ten Kon­flik­ten inner­halb von Orga­ni­sa­tio­nen. (ebd.)

Mit die­sem Dilem­ma wird inzwi­schen die Ban­ken­bran­che von meh­re­ren Sei­ten kon­fron­tiert. Die Zunah­me der Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­keit von Infor­ma­tio­nen im Netz, die kür­ze­ren Reak­ti­ons­zei­ten, die gestie­ge­nen Ansprü­che der Kun­den sowie die wach­sen­de Kon­kur­renz sog. Non- und Near-Banks macht es für die Ban­ken immer schwie­ri­ger, ihre Posi­ti­on zu hal­ten. Sie wer­den lang­sam aus dem Zen­trum, aus ihrem Stamm­ge­schäft ver­drängt.  Die Dis­kre­panz zwi­schen ihrem gewohn­ten Geschwin­dig­keits­mo­dus und dem neu­en ist zu groß. Nicht von unge­fähr kommt das auf Ban­ken spe­zia­li­sier­te Bera­tungs­un­ter­neh­men Celent in sei­nem Report Real-time pay­ments: dis­pel­ling the myths zu dem Schluss, dass die Art und Wei­se, wie die Ban­ken auf die Anfor­de­run­gen der Echt­zeit­ver­ar­bei­tung reagie­ren, über ihre Zukunft entscheidet.

Trotz­dem sehen vie­le Ban­ken, wie in Groß­bri­tan­ni­en, kei­nen Anlass, in die Erneue­rung ihrer IT-Sys­te­me zu inves­tie­ren. Karl Flin­ders erkennt dar­in ein erns­tes Pro­blem, da Goog­le und Face­book die­sen Zustand für sich nut­zen können:

Alt­hough core ban­king func­tions will not be attrac­ti­ve to them, they are per­fect­ly posi­tio­ned to pro­vi­de infor­ma­ti­on enrich­ment in finan­cial services.

Ange­sichts des­sen wir­ken selbst die Koope­ra­tio­nen eini­ger Ban­ken mit Fin­Tech-Start­ups eher wie kos­me­ti­sche Repa­ra­tu­ren. Kurie­ren der Sym­pto­me, statt der Ursachen.

Die Digi­ta­li­sie­rung wird zu neu­en Macht­kon­stel­la­tio­nen, neu­en Macht­zen­tren füh­ren. Davon ist auch das Ban­king als Teil die­ses Macht­be­bens (Toff­ler) betrof­fen. Vie­le Anzei­chen spre­chen dafür, dass die Ban­ken an den Rand, ins Back End gedrängt werden.

Wei­te­re Informationen:

Sind die Ban­ken die Ver­lie­rer des digi­ta­len Zeitalters?

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