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Die Ver­mark­tung frau­en­spe­zi­fi­scher The­men im Fin­tech-Sek­tor zeigt einen all­ge­mei­nen Opti­mis­mus, dass poli­ti­sche Pro­ble­me unter­neh­me­risch gelöst wer­den kön­nen. Den­noch bleibt der Ein­druck, dass die Bran­che in Bezug auf Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit hin­ter ande­ren Berei­chen zurück­bleibt, so Ruben Kre­mers in „Reti­re Rich”: Wer pro­fi­tiert vom Busi­ness-Femi­nis­mus der Fin­tech-Bran­che?. Trotz zahl­rei­cher Initia­ti­ven und Wer­be­kam­pa­gnen, wie der zum Welt­frau­en­tag, lie­ße sich der Vor­wurf des Oppor­tu­nis­mus nicht so ohne wei­te­res von der Hand wei­sen, da vie­le Fir­men femi­nis­ti­sche Zie­le oft nur mar­ke­ting­tech­nisch ver­fol­gen, ohne sub­stan­zi­el­le Maß­nah­men zu ergreifen.

Busi­ness-Femi­nis­mus, der ver­sucht, femi­nis­ti­sche Zie­le mit wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen zu ver­bin­den, ist sowohl Chan­ce als auch als pro­ble­ma­tisch. Kri­tisch anzu­mer­ken ist, dass die­ser Ansatz oft pri­vi­le­gier­te Frau­en begüns­tigt und struk­tu­rel­le Ungleich­hei­ten igno­riert. Der Fin­tech-Femi­nis­mus zeigt Schwä­chen in der finan­zi­el­len Selbst­be­stim­mung von Frau­en, der Insze­nie­rung von Frau­en­bil­dern in Kam­pa­gnen und der Ver­nach­läs­si­gung männ­li­cher Privilegien.

Eine Eigen­art der Fin­tech-Sze­ne ist, dass sie die einst nega­ti­ven Kli­schees über Com­pu­ter­freaks und Invest­ment­ban­ker oft als posi­ti­ve Kli­schees männ­li­cher Start­up-Grün­der reinter­pre­tiert. Statt kon­ven­tio­nel­le Vor­stel­lun­gen männ­li­cher Über­le­gen­heit zu ver­drän­gen, hat dies in Tei­len der Sze­ne zu einer Ver­schie­bung der Über­le­gen­heits­fan­ta­sie geführt. Die­se äußert sich in den regel­mä­ßi­gen Exzes­sen der viel­zi­tier­ten Bro-Cul­tu­re, die sexis­ti­sche Belei­di­gun­gen und sexu­el­le Über­grif­fe in Tei­len der Sze­ne nor­ma­li­siert. Sie äußert sich dar­in, dass Wag­nis­ka­pi­tal­fonds in Deutsch­land noch immer bei­na­he aus­schließ­lich in Start­up-Unter­neh­men mit männ­li­chen Grün­dern inves­tie­ren, und dass der Ver­weis auf „tra­di­tio­nel­le Rol­len­bil­der“ dabei als plau­si­ble Recht­fer­ti­gung anner­kannt wird.

Eine ambi­tio­nier­te­re Form des Fin­tech-Femi­nis­mus soll­te laut Kre­mers die Inter­es­sen der am wenigs­ten pri­vi­le­gier­ten Frau­en ein­be­zie­hen, die Sexua­li­sie­rung von Frau­en im Busi­ness-Kon­text anspre­chen und die Rol­le von Män­nern in der Gleich­stel­lung aktiv the­ma­ti­sie­ren. Ziel müss­te es sein, ein gerech­te­res und inno­va­ti­ve­res Umfeld zu schaffen.