Von Ralf Keuper

Die Ent­las­sung des Chefs und Grün­ders von Len­ding­Club, Renaud Laplan­che, ist für eini­ge Beob­ach­ter ein Zei­chen dafür, dass die Fin­tech-Start­ups end­gül­tig in der Rea­li­tät ange­kom­men sind. Bei­spiel­haft dafür sind Len­ding Club: Chef tritt ab – Die gefal­le­nen Fin­tech-Stars und Squa­re und Len­ding Club: 2 Vor­zei­ge-Fintechs ein­ge­holt von der Rea­li­tät.

Eine opti­mis­ti­sche­re Sicht ver­tritt Tom Grant in Mar­ket­place Len­ding: Brui­sed, Not Buried. Die Vor­wür­fe bzw. Ver­feh­lun­gen, wor­über das mana­ger maga­zin berich­tet, sind schon gra­vie­rend. Dabei geht es nicht nur um Interessenkonflikte:

Schwe­rer jedoch wiegt, dass Len­ding Club der Invest­ment­bank Jef­fe­ries auch Kre­dit­ri­si­ken ver­kauf­te, die die­se gar nicht haben woll­te – und dazu noch die Daten mani­pu­lier­te. Der Vor­fall blieb zwar ohne Scha­den für den Kun­den, doch “berührt den Kern des Geschäfts­mo­dells”, schreibt das “Financial-Times”-Blog “Alpha­ville”. Denn das daten­ba­sier­te, digi­ta­le Ban­king soll­te doch höhe­re Ver­läss­lich­keit versprechen.

Der Fall von Leplan­che ist auch des­halb für die Fin­tech-Sze­ne so bri­sant, da er über Jah­re als Gali­ons­fi­gur galt. Immer, wenn die Rede von den Dis­rup­t­o­ren im Ban­king war, dann wur­de das Bei­spiel Len­ding­Club gebracht. Auf die­sem Blog waren Len­ding­Club sowie die P2P-Kre­dit­markt­plät­ze häu­fi­ger ein The­ma, wie in:

Ange­tan war und bin ich noch immer von den Arbeits­be­din­gun­gen bei Len­ding­Club. Jeden­falls fand ich den Film­bei­trag Len­ding Club’s Hole-In-One San Fran­cis­co HQ sehens­wert und inspirierend.

Das eigent­li­che Pro­blem der Mar­ket­place-Len­der beschrieb Jona­than Ford in Online len­ders stuck on a hams­ter wheel (Sep­tem­ber 2015) u.a. am Bei­spiel von LendingClub:

Take Len­ding Club, for ins­tance. In the second quar­ter, it had reve­nues of $96m, of which $86m came from tran­sac­tion fees. Strip tho­se out and you would have almost not­hing to pay the company’s $100m in expen­ses. Were it to slow or stop len­ding, the los­ses would quick­ly pile up.

Es han­delt sich also in sei­nem Kern, oh Wun­der!, um ein betriebs­wirt­schaft­li­ches Pro­blem bzw. Phä­no­men, das sich auch mit no so viel PR nicht aus der Welt schaf­fen lässt, oder wie Dirk Els­ner tref­fend formuliert:

Aller­dings über­lis­tet auch ein elo­quen­ter Auf­tritt auf Dau­er nicht die betriebs­wirt­schaft­li­che Gravitation.

So ist es wohl.

Folgt dar­aus nun, dass die Fin­tech-Start­ups vor einer Zei­ten­wen­de ste­hen, die Revo­lu­ti­on ihre Kin­der frisst? Das wäre vor­ei­lig. Es ist ein in der Wirt­schafts­ge­schich­te häu­fig wie­der­keh­ren­des Phä­no­men, eigent­lich eine Kon­stan­te, dass jede Grün­der­wel­le ihren Zenit über­schrei­tet und die ers­ten gefal­le­nen Hel­den die Büh­ne ver­las­sen. Damit ist kei­nes­wegs gesagt, dass ihr Wir­ken ver­geb­lich war. Selbst einer der größ­ten Inno­va­to­ren der Geschich­te, Johan­nes Guten­berg, mach­te Kon­kurs, eben­so übri­gens Gott­lieb Daim­ler und Eisen­bahn­kö­nig Bethel Hen­ry Strous­berg. Kaum jemand wird Johan­nes Guten­berg abspre­chen, die Welt ver­än­dert zu haben. Sicher – so wie Guten­bergs Buch­druck wird das Mar­ket­place Len­ding die Welt nicht ver­än­dern – es soll­te mich jeden­falls sehr wun­dern. Per­sön­lich hal­te ich das aktu­el­le Geschäfts­mo­dell für lang­fris­tig kaum trag­fä­hig; einer der Grün­de, war­um ich Fin­tech in sei­ner jet­zi­gen Aus­prä­gung ins­ge­samt für einen Über­gangs­stil, ein Über­gangs­sta­di­um hal­te – aller­dings für ein notwendiges.

Für Scha­den­freu­de ist daher kein Platz. Es braucht Pio­nie­re, ganz gleich, ob sie damit lang­fris­tig Erfolg hat­ten oder nicht.

Wei­te­re Informationen:

Insi­de the Final Days of Len­ding­Club CEO Renaud Laplanche

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