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Von Ralf Keuper
In dem Diskussionspapier Revolutionieren Kryptowährungen die Zahlungssysteme? attestieren die Autoren Bitcoin & Co. großes Potenzial. Einem Durchbruch stehen jedoch noch einige große Hürden im Weg, genauer gesagt sind es drei:
Einer Verdrängung bestehender Zahlungssysteme durch Kryptowährungen stehen unseres Erachtens zumindest drei massive Hürden entgegen: die tendenziellen Wertsteigerungen in einem deflationär angelegten Ökosystem, die Volatilität des Wechselkurses, bspw. zum USDollar, und Netzwerkeffekte.
Vornehmlich der letzte Punkt, die Netzwerkeffekte, sind es nach Ansicht der Autoren, die einen Systemwechsel im Zahlungsverkehr zumindest verzögern:
Aus der industrieökonomischen Literatur ist bekannt, dass die Überlegenheit eines neuen Standards oder einer neuen Technologie keinesfalls hinreichend ist für die Durchsetzung am Markt. Wenn die Nutzenstiftung eines Gutes von der Zahl der Mitnutzer abhängt, muss dafür eine kritische Masse erreicht werden. Warum sollten Kunden auf Kryptowährungen umsteigen, wenn diese nur in wenigen Geschäften akzeptiert werden? Und warum sollten Unternehmer Kryptowährungen akzeptieren, wenn nur wenige Kunden damit zu zahlen wünschen? Weil der Konsum von Netzwerkgütern mit positiven externen Effekten einhergeht, stellt der Markt eine „zu geringe“ Menge zur Verfügung. Selbst wenn alle Beteiligten die grundsätzliche Überlegenheit einer neuen Zahlungstechnologie kennen und akzeptieren, können Netzwerkeffekte plus Wechsel- oder Rüstkosten den Übergang zu ihr verhindern. Bei Kryptowährungen entstehen solche Kosten z.B. durch den nicht zu unterschätzenden Aufwand für die Erlangung von Grundkenntnissen über die neue Währung, die Installation einer Wallet und den Erwerb von Einheiten oder Untereinheiten der Währung über eine Börse. Die dezentrale Organisation des Systems erschwert das Erreichen der kritischen Masse an Nutzern, gleichwohl dürfte das Überwinden dieser Schwelle das Kriterium sein, das letztlich über den Erfolg von Kryptowährungen entscheidet. Eine Hyperinflation oder die Anerkennung als gesetzliches Zahlungsmittel würden das Verlassen des inferioren Gleichgewichts erleichtern, aber mit solchen Szenarien ist vorläufig nicht zu rechnen (vgl. Hanl/Michaelis, 2017).
Das ist ein stichhaltiges Argument. Ähnliche Argumente sind seinerzeit jedoch auch gegen die Verbreitung des Internet oder der Personal Computer, des Point of Sale (POS) wie überhaupt der Dezentralen Datenverarbeitung und zuletzt der mobilen Bezahlverfahren ins Feld geführt worden.
Damit Kryptowährungen sich durchsetzen können, muss nicht zuletzt auch die gängige Vorstellung darüber, was Geld eigentlich ist, den neuen Realitäten, den neuen technologischen Möglichkeiten angepasst werden:
Als »Medium« besitzt es (das Geld, RK) die Eigenschaft, lange Ketten von sozialen Handlungen dadurch zu beeinflussen, dass einzelne Entscheidungen durch das Medium selbst prädisponiert sind, beispielsweise ob man etwas kaufen möchte oder nicht. Welche Form dieses Medium annimmt, ist immer das Resultat eines komplexen Zusammenwirkens unterschiedlicher Faktoren, seien sie geographischer, technologischer oder auch interessengeleiteter Art. Sie ist immer eingebettet in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um adäquate Formen der Steuerung des ökonomischen Systems, um die Steuerung der Produktion, der Akkumulation, der Administration, der Verteilung und des Austausches des gesellschaftlichen Reichtums. Und selbstverständlich ist das beim Thema Cryptocurrency nicht anders (in: Bitcoin und die Provokation der “Blockchain-Economy”).