Ohne die Bereit­schaft und Fähig­keit, Daten mit ande­ren Unter­neh­men zu tau­schen, blei­ben vie­le Chan­cen der Digi­ta­li­sie­rung unge­nutzt[1]Fähig­keit, Daten inner­halb von Wert­schöp­fungs­netz­wer­ken aus­zu­tau­schen, zen­tra­ler Fak­tor für Wachs­tum und Erfolg von Unter­neh­men. Auf Dau­er gefähr­det das den Fort­be­stand eines Unter­neh­mens. Im Inter­view erläu­tert Rapha­el Kap­sa­mer (Foto), Juni­or Sales & Pre-Sales Con­sul­tant bei Tri­bu­tech, war­um der siche­re Daten­aus­tausch die Basis für neue Ser­vices und Geschäfts­mo­del­le ist. 

Herr Kap­sa­mer, kön­nen Sie uns in weni­gen Wor­ten erklä­ren, was Tri­bu­tech macht?

Tri­bu­tech wur­de 2018 gegrün­det und ist ein Deep-Tech Start Up mit Sitz in Linz, Inns­bruck und Wien. Tri­bu­tech bie­tet den Unter­bau für jeg­li­che digi­ta­len Ser­vices spe­zi­ell im IoT Kon­text. Der Data­Space Kit ermög­licht es Unter­neh­men, Daten schnell und stan­dar­di­siert zu erfas­sen und ver­trau­ens­wür­dig ent­lang der Wert­schöp­fungs­ket­te zu tei­len. Zur bes­se­ren Beant­wor­tung Ihrer Fra­ge wür­de ich ger­ne eine Gra­fik benutzen:

Die­se Gra­fik spie­gelt den Digi­ta­li­sie­rungs­grad eines Unter­neh­mens im IoT Umfeld wider. Im Wesent­li­chen bie­tet Tri­bu­tech den Unter­bau, um jede Pha­se dar­in zu meis­tern. Das fängt an beim Retro­fit­ting von bestehen­den Assets oder Ent­wi­ckeln von neu­en smar­ten Pro­duk­ten, um erst­mals Daten zu erfas­sen bis hin zu neu­en digi­ta­len Ser­vices wie Pay-per-Use oder Equip­ment-as-a-Ser­vice, bei denen Unter­neh­men ihr gan­zes Geschäfts­mo­dell auf den Daten von Assets oder Pro­duk­ten aufbauen.

War­um ist der siche­re, unter­neh­mens­über­grei­fen­de Daten­aus­tausch so wichtig? 

Rapha­el Kap­sa­mer, Juni­or Sales & Pre-Sales Con­sul­tant bei Tributech

Ich per­sön­lich ver­glei­che den Daten­aus­tausch ger­ne mit dem phy­si­schen Waren­aus­tausch zwi­schen Unter­neh­men heut­zu­ta­ge. Jede Ware hat eige­ne Qua­li­täts­nach­wei­se, Ursprungs­ga­ran­tien und auch genaue Lager­be­stim­mun­gen, um höchs­te Qua­li­tät zu gewähr­leis­ten. Für den unter­neh­mens­über­grei­fen­den Daten­aus­tausch gibt es so etwas noch nicht und gera­de wenn Unter­neh­men basie­rend auf den Betriebs­da­ten ihrer Assets einen zusätz­li­chen Ser­vice oder gar ein Geschäfts­mo­dell anbie­ten wol­len, benö­ti­gen sie sol­che Qua­li­täts­nach­wei­se, um sicher­stel­len zu kön­nen, dass die Daten nicht mani­pu­liert wor­den sind. Da stößt das Tei­len von Excel-Tabel­len mit­hil­fe von Out­look schnell an sei­ne Gren­zen. Genau an die­sem Punkt kommt unser Data­Space Kit ins Spiel, mit dem ich Daten nicht nur tei­len, son­dern auch auf Ursprung und Inte­gri­tät audi­tie­ren kann. Wenn ein Unter­neh­men z.B. nach pro­du­zier­ten Stück ver­rech­net, macht es einen sehr gro­ßen Unter­schied, ob es 10 oder 100 waren.

Wie ist der Data­Space Kit auf­ge­baut und wor­in unter­schei­det er sich von den eher klas­si­schen Datenaustauschplattformen?

Der Data­Space Kit besteht aus 2 Kern­kom­po­nen­ten: Den Data­Space Agent und die Data­Space Node. Der Agent wird direkt an der Daten­quel­le, typi­scher­wei­se auf einem Edge Device oder Embedded Ebe­ne, inte­griert und hat 3 Fähigkeiten:

  1. Der Agent zeich­net die Daten auf und syn­chro­ni­siert sie zur Node.
  2. Der Agent erstellt für jeden auf­ge­zeich­ne­ten Daten­punkt ein dazu­ge­hö­ri­ges Qua­li­täts­sie­gel (signie­ren & hash­en). Mit­hil­fe von die­sen Qua­li­täts­sie­geln kön­nen zu jedem spä­te­ren Zeit­punkt, auch über Unter­neh­mens­gren­zen hin­weg, Daten auf Ursprung und Inte­gri­tät über­prüft werden.
  3. Daten wer­den mit­tels dem Open-Source Stan­dard DTDL (Digi­tal Twin Defi­ni­ti­on Lan­guage) kon­tex­tua­li­siert. Die­se Kon­text­in­for­ma­tio­nen sind für alle nach­ge­la­ger­ten Pro­zes­se wich­tig, denn nur smar­te Daten sind wert­vol­le Daten.

Eine Ebe­ne dar­über ist die Data­Space Node. Die Node läuft typi­scher­wei­se in der IT-Infra­struk­tur des Kun­den und fun­giert als „Daten­dreh­schei­be“. In dem Web-Inter­face haben Unter­neh­men ihre Daten auf­lie­gen und kön­nen sehr selek­tiv, bis auf Daten­punkt-Ebe­ne, spe­zi­fi­sche Daten mit ande­ren Unter­neh­men tei­len. Dafür haben wir einen Publish-Sub­scri­be-Grant-Pro­zess, wodurch Unter­neh­men zu jedem Zeit­punkt die Hoheit über ihre Daten haben, auch wenn sie die­se teilen.

Zum zwei­ten Teil Ihrer Fra­ge: Das größ­te Unter­schei­dungs­merk­mal von Tri­bu­tech ist zum einen die Mög­lich­keit Daten sehr selek­tiv zu tei­len und gleich­zei­tig zu jedem Zeit­punkt die Hoheit über die eige­nen Daten zu haben. Was das dem The­ma Daten­ho­heit noch bestärkt ist, dass unse­re Data­Space Node typi­scher­wei­se in der Infra­struk­tur des Kun­den läuft. Das heißt, es gibt kei­ne zen­tra­le Daten­hal­tung bei Tri­bu­tech, der Aus­tausch von Daten pas­siert dezen­tral zwi­schen den ein­zel­nen Unter­neh­men.  Zum ande­ren das Audi­tie­ren von Daten über Unter­neh­mens­gren­zen hin­weg. Genau dort liegt auch das Patent spe­zi­ell für hoch­fre­quen­te Sen­sor- und IoT-Daten.

Wie funk­tio­niert das Geschäfts­mo­dell von Tributech?

Wir fokus­sie­ren uns ganz klar auf die Tech­no­lo­gie-Lizen­zie­rung, unter­stüt­zen aber unse­re Kun­den und Part­ner selbst­ver­ständ­lich bei der tech­no­lo­gi­schen Inte­gra­ti­on und Use-Case Umset­zung mit unse­ren Con­sul­ting- & Engi­nee­ring Dienstleistungen.
Ad Lizenz­kos­ten: Nach­dem unse­re Tech­no­lo­gie typi­scher­wei­se als Unter­bau für Digi­ta­le Ser­vices oder neue Geschäfts­mo­del­le ein­ge­setzt wird, ist es uns wich­tig die Lizenz­kos­ten am Wert für den Kun­den, zu posi­tio­nie­ren. Wir haben daher ein Staf­fel-Pri­cing, abhän­gig von der Anzahl an ange­bun­de­ner Assets, ent­wi­ckelt und möch­ten mit unse­rem neu­en OEM-Modul auch in die Rich­tung Roya­li­ty- bzw. reve­nue gain/s­ha­re- Model­le, gehen.

Wel­chen Auf­wand muss ein Unter­neh­men betrei­ben, wenn es den Data­Space Kit ein­set­zen will?

Theo­re­tisch ist der Data­Space Kit in Stun­den ein­satz­be­reit 😉 In der Rea­li­tät ist es natür­lich von vie­len Fak­to­ren abhän­gig, die Wenigs­ten davon sind tech­no­lo­gisch. Ein Daten-Öko­sys­tem kann in weni­gen Stun­den, mit­tels stan­dar­di­sier­tem Cloud Mar­ket­place Deploy­ment, auf­ge­setzt wer­den. Die Inte­gra­ti­on der Daten­quel­len erfolgt eben­so stan­dar­di­siert auf Edge-Device Ebe­ne sowohl in Brown­field als auch Green­field Sze­na­ri­en und somit kön­nen Daten sehr schnell flie­ßen. Wie die Daten dann noch intern, z. B. für AI/​ML Work­flows, wei­ter­ver­wer­tet wer­den bzw. die Appli­ka­ti­on on top, sind dann kun­den­spe­zi­fi­sche Aspek­te, die natür­lich vari­ie­ren können.

Ist der Data­Space Kit auch für klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men eine Alter­na­ti­ve oder ist das nur für gro­ße Unter­neh­men öko­no­misch sinnvoll?

Beim Data­Space Kit ist die Unter­neh­mens­grö­ße nicht der ent­schei­den­de Fak­tor, son­dern das Com­mit­ment und die digi­ta­le Rei­fe des Kun­den. Das hört sich jetzt abge­dro­schen an, ich kann es aber begrün­den: Wir haben zum einen inno­va­ti­ve Start­ups wie Beet­le For­Tech oder Fin­dus­tri­al, die Ihre Lösung auf unse­rer Hard- & Soft­ware auf­bau­en und zum ande­ren Groß­kon­zer­ne wie RHI Magne­si­ta, die Ihr Pre­dic­ti­ve Main­ten­an­ce Ser­vice auf unse­rer Tech­no­lo­gie aufbaut.

Wel­che daten­ge­trie­be­nen Geschäfts­mo­del­le las­sen sich mit Tri­bu­tech umset­zen – kön­nen Sie uns eini­ge Bei­spie­le geben?

Unse­re Lösung ist grund­sätz­lich Indus­trie & Use Case agnos­tisch. Das bedeu­tet sie kann als Unter­bau für jedes digi­ta­le Ser­vice im IoT Umfeld ver­wen­det wer­den. Um es greif­ba­rer zu machen will ich Ihnen ein paar Bei­spie­le geben:

  • Con­di­ti­on Monitoring
  • Ener­gy & CO² Tracking
  • Pre­dic­ti­ve Maintenance
  • Machi­ne Lear­ning & AI
  • Pay-per-Use & Equipment-as-a-Service

War­um spielt die Hard­ware bei Tri­bu­tech eine ver­gleichs­wei­se gro­ße Rolle?

Dafür gibt es 2 Grün­de: Um größt­mög­li­ches Ver­trau­en in Daten zu schaf­fen ist es nötig, dass wir unse­ren Data­Space Agent so nahe wie mög­lich an der Daten­quel­le, ent­we­der mit­tels Edge Device oder auf Embedded Ebe­ne, inte­grie­ren, damit die­ser direkt an der Quel­le die Qua­li­täts­sie­gel erstellt. Wir sind außer­dem der Mei­nung, dass Soft­ware-Kom­pe­tenz allei­ne nicht genug ist. Wenn ich mich an die­ser Stel­le wie­der auf die Gra­fik vor­her bezie­hen darf, ist es spe­zi­ell in Pha­se 1 nötig auch Hard­ware-Kom­pe­tenz mit­zu­brin­gen um Daten von Assets erfas­sen zu können.

Unser Hard­ware-Port­fo­lio besteht aus 2 Pro­duk­ten: Dem Sen­sor Secu­ri­ty Modu­le und dem OEM Modu­le. Das Sen­sor Secu­ri­ty Modu­le ist unser Tech­no­lo­gie-Demons­tra­tor – so zusa­gen ein Plug&Share Device – um in weni­gen Schrit­ten Daten von exter­nen Sen­so­ren in der Kun­den­um­ge­bung ver­füg­bar zu machen. Die Absi­che­rung (Qua­li­täts­sie­gel) und Kon­tex­tua­li­sie­rung (Digi­tal Twin) kommt hier ganz auto­ma­tisch mit.

Das OEM Modu­le ist ein Hard­ware Chip der für die Ent­wick­lung von eige­nen IoT Gerä­ten oder smar­ten Pro­duk­ten genutzt wer­den kann und tech­no­lo­gisch kom­ple­xe Her­aus­for­de­run­gen, wie Kon­nek­ti­vi­tät, Update- & Device­ma­nage­ment oder IoT Daten­ma­nage­ment stan­dar­di­siert löst. Dies führt wie­der­um zu einer mas­siv ver­kürz­ten Entwicklungsdauer.

Muss ein Kun­de das gesam­te Paket kau­fen, oder besteht die Mög­lich­keit, ein­zel­ne Kom­po­nen­ten zu erwerben?

Die kur­ze Ant­wort ist: Ja es ist mög­lich auch ein­zel­ne Kom­po­nen­ten bzw. auch nur ein­zel­ne Fea­tures in bestehen­de Lösun­gen zu integrieren.
Uns ist bewusst, dass wir in den sel­tens­ten Fäl­len „Green Field“ Sze­na­ri­en haben. Des­we­gen haben wir unse­re Tech­no­lo­gie so modu­la­ri­siert, dass wir bestehen­de Lösun­gen mit unse­ren Fea­tures ergän­zen kön­nen und so für das „Brown Field“ auch gerüs­tet zu sein. Wir stel­len uns da grund­sätz­lich auch in die 2. Reihe.

Herr Kap­sa­mer, was glau­ben Sie, wo steht Tri­bu­tech in fünf Jahren?

Wenn ich einen Blick in die Glas­ku­gel wer­fen soll, dann sehe ich sehr gro­ßes Poten­zi­al für die Tech­no­lo­gie, aber das muss ich fast sagen 😉

Spaß bei Sei­te. Ich bin davon über­zeugt, dass in Zukunft der unter­neh­mens­über­grei­fen­de Daten­aus­tausch und die Mög­lich­keit Daten wie jedes ande­re phy­si­sche Gut zu qua­li­fi­zie­ren und zu ver­wal­ten einen enor­men Ein­fluss auf den Erfolg eines Unter­neh­mens haben wird. Damit ver­bun­den, ist es mei­ner Mei­nung nach unum­gäng­lich, dass Unter­neh­men ein gewis­ses Qua­li­täts­sie­gel für geteil­te Daten haben wol­len, das bestä­tigt, dass die­se nicht ver­än­dert wur­den. War­um ist das wich­tig? Wenn der Wert von Daten zukünf­tig auch den Weg in die Bilan­zen fin­den soll, dann ist das Sicher­stel­len von Ursprung und Inte­gri­tät unum­gäng­lich. Man bilan­ziert ja auch kei­ne Maschi­nen, Fabri­ken und Immo­bi­li­en, wo man sich nicht sicher ist, ob es sie über­haupt gibt und in wel­chem Zustand sie sind.

Bes­ten Dank für das Gespräch!

Ich bedan­ke mich recht herz­lich Herr Keuper!

Zuerst erschie­nen auf Siche­rer Daten­aus­tausch in der Indus­trie (SDI)