
Auf dem Markt für Lösungen für die elektronische Identifizierung herrschte in den vergangenen zwölf Monaten eine gewisse Unsicherheit. Zum einen sorgte die Deutsche Post mit einem Gerichtsprozess für Unruhe, zum anderen bewegte das BaFin-Rundschreiben zu Videoidentifizierungsverfahren im vergangenen Jahr die Gemüter. Das alles scheint, nicht zuletzt nach dem aktuellen Rundschreiben der BaFin, als Schnee von gestern. Die Zukunft sieht wieder rosiger aus. Dennoch bleibt keine Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Die Branche muss ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln. Dieser Ansicht ist man auch bei IDnow. Im Gespräch mit Bankstil erläutert Sebastian Bärhold, einer der Unternehmensgründer, wie IDnow sich für die Zukunft fit macht.
Herr Bärhold. Was ist IDnow und wodurch zeichnet sich Ihr Unternehmen aus?
IDnow ist internationaler Experte für Ident- und eSigning-Produkte. Wir entwickeln und vertreiben sichere Lösungen für die elektronische Identifizierung von Personen sowie für Vertragsunterschriften per Computer oder Smartphone. Dabei sind wir führend bei den entscheidenden Faktoren Kundenerlebnis, Technologie und Flexibilität der Integration und setzen uns so von den Mitbewerbern ab. Wir haben einerseits eine starke technische Ausrichtung, legen andererseits aber auch sehr großen Wert auf die Nutzerfreundlichkeit und entwickeln damit Prozesse, die sicherlich einzigartig am Markt sind. So haben wir zum Beispiel als erster Anbieter im Mai 2016 ein EU-Patent auf unser Video-Identifikationsverfahren erhalten.
Wie sieht das Wettbewerbsumfeld von IDnow aus, welches sind aktuell die wichtigsten Treiber?
Das Video-Identifikationsverfahren existiert mittlerweile seit knapp drei Jahren. Der Haupttreiber ist weiterhin die höchste Conversion-Rate und das beste Kundenerlebnis in dem Prozess. Darüber hinaus wird es zukünftig darum gehen, neben der Identifizierung und der Vertragszeichnung weitere Funktionen und Services anzubieten, die den Kunden optimal onboarden.
Wie bewerten Sie das derzeitige regulatorische Umfeld: Stichworte das letzte BaFin-Rundschreiben und PSD2?
Wir sind sehr zufrieden mit dem neuen BaFin-Rundschreiben, da es die Video-Identifikation bestätigt und die Sicherheitsmaßstäbe erhöht hat. Jetzt ist z.B. nur noch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Kommunikation zulässig, so dass keine Video-Software wie Skype & Co. mehr genutzt werden kann. Außerdem schafft die BaFin damit in einigen Punkten Klarheit, die im vergangenen Jahr noch für Aufregung gesorgt hatten und jetzt doch nicht umgesetzt werden, wie beispielsweise die Forderung nach einer Referenzüberweisung.
Die PSD2 ist für die FinTech-Branche sehr begrüßenswert. Wir sehen dadurch noch mehr Möglichkeiten für innovative Geschäftsmodelle, unter Umständen auch im Bereich der Identifizierung und Authentifizierung.
Kritiker wenden ein, dass die Video-Identifizierung auch nach dem letzten BaFin-Rundschreiben noch zu unsicher ist. Was antworten Sie darauf?
Das letzte BaFin-Rundschreiben hat die Sicherheit der Video-Identifikation nochmals deutlich erhöht. Das Verfahren ist grundsätzlich bereits sicherer als die Offline-Identifikation. Denn durch das Zusammenspiel von menschlicher Expertise und spezialisierter Technologie werden Betrugsfälle zuverlässig aufgedeckt und im Zweifelsfall auch dokumentiert. Unsere Ident-Spezialisten führen täglich mehrere tausend Identifikationen durch und sind dadurch sehr geübt. Sie können anhand bestimmter Fragestellungen und Beobachtungen herausfinden, ob es sich um einen Betrüger handelt. Zusätzlich verwenden sie eine Software, die wir selbst entwickelt haben und die so präzise ist, dass sie erkennt, wenn der Ausweis auch nur minimal von der Norm abweicht. Dabei kommen beispielsweise automatische Gesichtserkennung und Bildabgleich, eine automatische Ausweiserkennung und ‑klassifizierung und eine automatische Texterkennung zum Einsatz.
Welchen Einfluss auf das Geschäftsmodell von IDnow hat die Gründung branchenübergreifender Datenplattformen für das Single Sign On, wie die geplante der Deutschen Bank?
Grundsätzlich sind das sehr spannende Entwicklungen. IDnow kann bei diesen Plattformen wichtige Funktionen übernehmen. Die Kernfrage ist jedoch zunächst, was die konkreten Anwendungsfälle sind, da man Identifizierungsdaten im Bereich Geldwäsche nur maximal zwei Jahre wiederverwenden kann.
In welche Richtung wird sich das Geschäftsmodell von IDnow in den nächsten Jahren entwickeln – auch mit Blick auf die Internationalisierung? Wo steht IDnow in fünf Jahren?
Wir wollen uns weiterhin europaweit und branchenübergreifend als Experte für Identifizierung und digitalen Vertragsabschluss etablieren. Die Voraussetzungen sind dafür günstig. Immer mehr Länder erkennen das Potential der Video-Identifikation und arbeiten an den entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir sind mit der Regulatorik vieler europäischer Länder im Gespräch und arbeiten mit ihnen an der nationalen Freigabe des Video-Ident-Verfahrens. Für den elektronischen Vertragsabschluss wurde ja bereits im vergangenen Jahr mit der eIDAS-Verordnung der rechtliche Rahmen für einen europaweiten Einsatz geschaffen. Solche Entscheidungen beschleunigen die Digitalisierung enorm und schaffen entsprechende Marktpotentiale, die wir natürlich nutzen.
Herr Bärhold, besten Dank für das Gespräch.