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Von Ralf Keuper

Die Bit­co­in-Com­mu­ni­ty tut sich schwer damit, sou­ve­rän mit Kri­tik umzu­ge­hen. Selbst lei­se Zwei­fel an dem Kon­zept wer­den umge­hend als Häre­sie gebrand­markt und als Beleg dafür gewer­tet, dass die betref­fen­de Per­son noch nicht tief genug in die Funk­ti­ons­wei­se, die Phi­lo­so­phie von Bit­co­in ein­ge­drun­gen ist. Das trägt dann nicht sel­ten meta­phy­si­sche, dog­ma­ti­sche Züge. Die­se Erfah­rung muss­te kürz­lich der ansons­ten der Bit­co­in-Idee wohl­ge­son­ne­ne Frank The­len machen.

The­len kri­ti­siert auf X die oft ein­sei­ti­ge Dis­kus­si­ons­kul­tur inner­halb der Bit­co­in-Com­mu­ni­ty. Statt­des­sen soll­te eine aus­ge­wo­ge­ne Betrach­tung der Her­aus­for­de­run­gen, denen Bit­co­in gegen­über­steht, erfol­gen. Obwohl er dem Kon­zept grund­sätz­lich posi­tiv gegen­über­steht, sieht The­len die Not­wen­dig­keit, offen über bestehen­de Risi­ken zu sprechen.

Im Zen­trum sei­ner Beden­ken ste­hen die tech­ni­schen Limi­tie­run­gen des Bit­co­in-Netz­werks, das ledig­lich vier bis sie­ben Trans­ak­tio­nen pro Sekun­de ver­ar­bei­ten kann – ein Wert, der für eine welt­wei­te Adop­ti­on völ­lig unzu­rei­chend erscheint. Die vor­ge­schla­ge­nen Lay­er-2-Lösun­gen wie das Light­ning Net­work betrach­tet er skep­tisch als unvoll­stän­di­ge Flick­werk-Lösun­gen, die weder die vol­le Liqui­di­tät der Haupt­ket­te gewähr­leis­ten kön­nen noch bis­her den erhoff­ten Durch­bruch erzielt haben.

Beson­ders pro­ble­ma­tisch sieht er die aus­ge­präg­te Ver­än­de­rungs­re­sis­tenz der Bit­co­in-Com­mu­ni­ty, deren kon­ser­va­ti­ve Grund­hal­tung not­wen­di­ge tech­ni­sche Wei­ter­ent­wick­lun­gen, ins­be­son­de­re bei der Ska­lier­bar­keit, blo­ckiert. Die­se Infle­xi­bi­li­tät könn­te sich als fatal erwei­sen, wenn dis­rup­ti­ve Tech­no­lo­gien wie Quan­ten­com­pu­ter die kryp­to­gra­phi­schen Grund­la­gen von Bit­co­in bedro­hen – ein Sze­na­rio, für das im Gegen­satz zu Ethe­re­um kei­ne kon­kre­te Stra­te­gie existiert.

Ein wei­te­rer kri­ti­scher Punkt betrifft die lang­fris­ti­ge Finan­zie­rung des Netz­werks. Da die Block-Beloh­nun­gen für Miner durch die regel­mä­ßi­gen Hal­vings kon­ti­nu­ier­lich sin­ken, stellt sich die Fra­ge nach der zukünf­ti­gen Sicher­heit des Sys­tems. Höhe­re Trans­ak­ti­ons­ge­büh­ren wür­den Bit­co­in für vie­le Nut­zer unat­trak­tiv machen, wäh­rend ein nied­ri­ger Bit­co­in-Preis durch sin­ken­de Hash­ra­te die Netz­werk­si­cher­heit gefähr­den könnte.

Schließ­lich berei­tet ihm die zuneh­men­de Zen­tra­li­sie­rung Sor­gen: Wenn mehr als die Hälf­te der Mining-Power in den Hän­den von nur drei Pools liegt und der Hard­ware-Markt von einem ein­zi­gen Unter­neh­men wie Bit­main domi­niert wird, steht dies im direk­ten Wider­spruch zu Bit­co­ins dezen­tra­lem Grundprinzip.

The­len lädt aus­drück­lich zu einer sach­li­chen und dif­fe­ren­zier­ten Dis­kus­si­on ein, distan­ziert sich jedoch von pau­scha­len Bewer­tun­gen und ein­sei­ti­gen Argu­men­ta­tio­nen, die einer kon­struk­ti­ven Aus­ein­an­der­set­zung mit die­sen kom­ple­xen The­men im Wege stehen.