Von Ralf Keuper
Die Finanz- und Wirtschaftsgeschichte hat den Vorteil, Ereignisse nicht allein danach zu beurteilen, wie groß das Echo war, das sie seinerzeit in der Öffentlichkeit und in den Medien hervorriefen. Die Fixierung auf vermeintliche Skandale, den “Scoup” ebenso wie das neueste Feature oder Gimmick einer Neobank, kann den Blick auf das Wesentliche versperren.
Denn was ist ein großes Ereignis? Nicht das, welches für kurze Zeit den größten Lärm macht, sondern, das, welches die meisten und wichtigsten Konsequenzen hat. Konsequenzen treten nicht immer sofort auf, sie hängen von der Zeit ab. (Fernand Braudel, in: Geschichte als Schlüssel zur Welt)
Was läge daher näher, als die Finanzgeschichte bei der Risikoanalyse verstärkt zurate zu ziehen? Dieser Frage gehen Bernd Rudolph und Hanna Floto-Degener in Finanzgeschichte als Input für Risikoanalysen? nach.
Worum es dabei geht:
Auf der Grundlage langfristiger Reihen von Daten zur Kreditvergabe der Banken, zu deren Eigenkapitalquoten oder zu den Renditen einzelner Asset-Klassen können Zusammenhänge mit anderen Finanzdatenreihen zum Beispiel zur Ertragslage der Finanzintermediäre oder sogar zur Stabilität ganzer Finanzmärkte hergestellt werden. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich Frühwarnindikatoren destillieren, inwieweit und wie häufig Zeiten einer vergleichsweise lockeren Geldpolitik von Übertreibungen auf den Immobilien- oder Aktienmärkten gefolgt werden, oder in welchem Umfang in einem lange anhaltenden Niedrigzinsumfeld mit einem Anstieg der Anzahl von Zombie-Unternehmen in einer Volkswirtschaft zu …