Von Ralf Keuper
Angesichts der Euphorie, die das Thema Fintech bei einigen auslöst, fragt man sich, was die 68er noch alles hätten bewirken können, wären sie im Besitz einer Technologie wie der Blockchain gewesen. Scheinbar richten sich die Hoffnungen nicht mehr auf theorielastige Gesellschaftsentwürfe, sondern auf vermeintlich neutrale, ideologiefreie Technologien, die nun, quasi durch die Hintertür, vollenden sollen, was der Menschheit bis heute mittels Diskurs halbwegs gelungen ist – der Aufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft.
Mit Fintech, der Blockchain gar, können wir nun einen Gang höher schalten und andere Formen der (direkten) Demokratie verwirklichen. Vor unseren Augen entsteht eine Welt, die weitgehend frei ist von den Machtkonzentrationen, wie sie für das Industriezeitalter kennzeichnend waren.
Kann eine Technologie das überhaupt leisten?
Schon der Blick auf die jüngsten Querelen in der Bitcoin-Community zeigt, dass auch hier verschiedene Interessen aufeinanderprallen und sich Tendenzen bilden können, die große Ähnlichkeit mit den Praktiken haben, wie wir sie aus der Welt der Industrie kennen: Machtkämpfe und die Konzentration von wirtschaftlicher Macht, wie im Fall der “Minengesellschaften”.
Für welche Werte will, soll Fintech stehen? Mehr Teilhabe, mehr Transparenz, mehr Gerechtigkeit? Soll das alles per Codierung gehen, quasi mit dem nächsten Release?
Technologie ist niemals neutral. In ihre Konzeption und Realisierung fließen immer bestimmte Grundannahmen, ideologische Komponenten ein, wie Paulina Bors…